Bochum-Riemke. Die sogenannte Fremdwassersatzung kann Anwohner verpflichten, ihre Hausanschlüsse zu erneuern. Bochumer Politik fordert eine Härtefallregelung.

Eine neue Satzung zur Kanal-Sanierung in Bochum-Riemke kann für einige Anwohner sehr teuer werden. Die Stadt möchte undichte Stellen im Kanal sanieren, durch die etwa Grundwasser oder fehlerhaft eingeleitetes Wasser aus Bächen ins Kanalsystem eindringt. Sind die Kanäle aber erst einmal dicht, steigt das Grundwasser – das in Keller eindringen könnte. Die Stadt will Anwohner mit der sogenannten Fremdwassersatzung verpflichten, ihre Hausanschlüsse auf eigene Kosten zu erneuern.

Riemke und Hofstede sind Bochumer Bergsenkungsgebiete

Die Stadt wird dies gemeinsam mit der Emschergenossenschaft als Pilotprojekt durchführen. Marko Siekmann vom Tiefbauamt erläuterte das Verfahren jetzt in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Bochum-Mitte. Und stellt klar: Es handelt ich teilweise um große Mengen. „Bis zu 30 Liter pro Sekunde wurden an einigen Stellen gemessen, das sind 2500 Kubikmeter am Tag.“

Teile der Bergmannstraße liegen im sogenannten Baulos 1. Hier muss wohl vorerst kein Häuslebauer in seine Hausanschlüsse investieren; die Kosten werden öffentlich aufgefangen.
Teile der Bergmannstraße liegen im sogenannten Baulos 1. Hier muss wohl vorerst kein Häuslebauer in seine Hausanschlüsse investieren; die Kosten werden öffentlich aufgefangen. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Das Areal, das auch Teile von Hofstede umfasst, ist ein Bergsenkungsgebiet. Der Grundwasserspiegel liegt heute knapp unter der Geländeoberkante. Siekmann: „Durch die Sanierungsmaßnahmen wird der Grundwasserspiegel ansteigen. Das kann für die Bebauung schädlich werden.“ Das macht auch die Sanierung der Entwässerungsanlagen im privaten Bereich sowie der Bau von privaten Drainage-Anlagen erforderlich.

Im ersten Bauabschnitt muss wohl kein Anwohner zahlen

Ein Mittel gegen das steigende Grundwasser sind offene Gräben für Regenwasser wie auf der Freifläche Schmidtskamp, damit sich das Grundwasser absenkt, und die öffentliche Drainage. Die Kanalsanierungen wird auf vier sogenannte Baulose aufgeteilt. Der erste Abschnitt betrifft die Straßen Herzogstraße, Bleckstraße, Bergmannstraße, Riemker Straße, Schöllmannstraße, In der Provitze, Seelandskamp, und Meesmannstraße. Hier soll die Kanalsanierung Ende des Jahres beginnen.

Das Gebiet in Riemke ist wegen der Bergsenkung über das Pumpwerk an der Bleckstraße an die Vorflut angeschlossen.
Das Gebiet in Riemke ist wegen der Bergsenkung über das Pumpwerk an der Bleckstraße an die Vorflut angeschlossen. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Hier kann das Tiefbauamt die Anwohnerinnen und Anwohner beruhigen: „Es sind keine privaten Maßnahmen und Investitionen notwendig; das wird alles öffentlich aufgefangen.“ Es werden bauliche Defizite des Entwässerungssystems beseitigt, indem zusätzlich Schmutz- und Regenwasserkanäle gebaut werden. Die Kosten liegen bei etwa 4,5 Millionen Euro. Ergänzend entsteht in der Herzogstraße ein Drainage-System zur Begrenzung des Grundwasserstandes. Für die öffentliche Sanierung verhandelt die Emschergenossenschaft mit dem Bergbau über eine Kostenbeteiligung.

Es gibt Landesförderung für die Bürger, die investieren müssen

Doch in drei weiteren Baulosen ist eine Beteiligung der Hauseigentümer zu erwarten. Wie viel jeder investieren müsste, ist noch völlig offen. Die Entwurfsplanung für Baulos 2 beginnt im dritten Quartal, bis 2027 sollen alle Sanierungen abgeschlossen sein. Damit die Eigentümer zu ihren Investitionen eine Landesförderung in Anspruch nehmen können, ist die Satzung erforderlich. Eine Beteiligung von bis zu 30 Prozent an den Kosten ist möglich. Siekmann: „Wir werden ermitteln, wieweit eine private Beteiligung erforderlich wird.“

Die Satzung erhebt aber auch Verpflichtungen für die Hausbesitzer: Sie müssen ihre private Grundstücksentwässerungsanlage ganzheitlich auf Dichtheit überprüfen, vorhandene Undichtigkeiten beseitigen, aufgefundene Drainagen an den Regenwasserkanal anbinden und die Grundstücksentwässerungsanlage als Trennsystem umbauen.

Die weiteren Baulose betreffen einige Wohnhäuser an den Straßen Am Gartenkamp, Bergmannstraße. Auf dem Dahlacker, Bleckstraße, Herzogstraße, In der Provitze, Meesmannstraße, Riemker Straße, Schöllmannstraße, Seelandskamp. Um die Privateigentümer möglichst schnell über ihre Belastungen zu informieren, sollen bald Bürgerbeteiligungen angeboten werden.

Politiker wollen Anwohner vor hoher Belastung schützen

Die Bezirksvertreter sorgen sich. Holger Schneider (SPD): „Da können immense Summen auf die Anwohner zukommen. Vielleicht hat jemand gerade sein Haus gekauft, der Kredit läuft. Da muss es eine Härtefallregelung geben.“ Sein Fraktionskollege Jörg Kuberski ergänzt: „Wir müssen die Eigentümer vor solcher Belastung schützen. Zuschüsse in Höhe von 30 Prozent sind zu gering.“

Das letzte Wort hat der Rat

Der gesamte Tagesordnungspunkt war im jüngsten Ausschuss für Mobilität und Infrastruktur ohne Votum weitergeleitet worden, da von der CDU noch Beratungsbedarf angemeldet worden war. Die CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung Bochum-Mitte enthielt sich, während SPD und Grüne dem Konzept zustimmten – mit ihrem Änderungsantrag.Das Thema wird nun vom Rat in der Sitzung am 3. März abschließend entschieden.

In einem gemeinsamen Antrag fordern SPD und Grüne zudem, dass sich die Verwaltung weiter aktiv und nachdrücklich für eine Kostenbeteiligung der RAG auf „Emscher-Ebene“ einsetzen, um die Kosten für die Bürger zu minimieren. „Sollte es dazu nicht rechtzeitig kommen, so unterstützt der Ausschuss die Absicht der Verwaltung, mit der RAG zu einer separaten Vereinbarung zu kommen. Der Ausschuss bittet die Verwaltung, sich in dieser Hinsicht eng mit der Emschergenossenschaft abzustimmen“, so heißt es im Antrag.

Und: Beim Neubau des Pumpwerks sollten Eingriffe in die benachbarte Kleingartenanlage ausgeschlossen werden oder zumindest nicht von Dauer sein. Der Kleingartenverein ist rechtzeitig zu informieren und einzubeziehen. Sollte ein dauerhafter Eingriff trotzdem unvermeidlich sein, so soll dieser großzügig kompensiert werden, zum Beispiel durch Ausweitung der Kleingartenfläche.