Bochum. Unterwegs im Bochumer Nordwesten: Beim Spaziergang rund um die Zeche Hannover erlebt man viel Natur. Und entdeckt manch’ verborgene Schönheit.

Ein Herbstspaziergang „Durchs Hordeler Grün“? Das hört sich zunächst seltsam an, war der Stadtteil doch jahrzehntelang durch die Industrie geprägt und galt als grau und abgelegen. Aber die Montanzeit ist längst Geschichte, auch wenn sie noch immer mit sichtbaren Spuren Eindruck hinterlässt. Die Wanderung rund um die alte Zeche Hannover in Bochum beweist es. Aber man wird sich auch wundern, wie naturnah und geradezu idyllisch es inzwischen im Bochumer Nordwesten ist.

Herbstspaziergang in Bochum-Hordel führt durch viel Grün

Der Spaziergang beginnt auf dem Parkplatz des Industriemuseums Zeche Hannover, Günnigfelder Straße 251. In zwei ausladenden Runden führt er dies- und jenseits der Bochum/Herner Stadtgrenze in grüne Flecken der Naherholung, die noch nicht als überlaufene „Touristenziele“ wie der Kemnader See oder der Ruhrtalradweg erschlossen sind. Hier kann man die Seele baumeln lassen, Stille genießen, Naturbeobachtungen tätigen und sich dennoch im Ruhrgebiet heimisch fühlen. Gegenwart und Geschichte gehen Hand in Hand, wie man sogleich bemerkt, wenn man den Parkplatz in südöstlicher Richtung verlässt.

Blick ins Weite: Der Himmel über dem Park Königsgrube.
Blick ins Weite: Der Himmel über dem Park Königsgrube. © Unbekannt | JBS

Unvermittelt steht man nämlich vor dem ehrfurchtgebietenden Malakow der Zeche Hannover. Der steinerne Förderturm (Baujahr 1860) nebst Maschinenhaus und einer Handvoll Nebenanlagen kennzeichnet die letzten Reste dieses ehemals großen Bergwerks, das 1973 als letzter Pütt auf Bochumer Stadtgebiet geschlossen wurde. Die Übertagebauten (Kraftwerk, Kaue, Kohlenwäsche) wurden damals abgerissen und das Gelände aufgeschüttet. Der Spazierweg, dem wir nun folgen, führt durch eine Landschaft, die wellig wie durch die Eiszeit geformt erscheint – und die doch von Menschen gemacht ist.

Im Hordeler Grün kann man Greifvögel im Flug beobachten

Tatsächlich bildet der Schutt der Zeche Hannover den Untergrund des weitläufigen Geländes, auf dem sich freie Flächen mit Gehölzen abwechseln. Zwar ist die Gegend beliebt fürs Gassigehen mit dem Hund. Aber man findet immer wieder ruhige Ecken, wo über Wiesen der Falken kreisen. Die Greifvögel im Flug zu beobachten, ist ein Erlebnis, mit dem man an dieser Stelle eher nicht rechnet.

Der Spaziergang „Durchs Hordeler Grün“ führt über zwei Rundwege durch Hordel und Röhlinghausen. Ausgangspunkt ist die Zeche Hannover.
Der Spaziergang „Durchs Hordeler Grün“ führt über zwei Rundwege durch Hordel und Röhlinghausen. Ausgangspunkt ist die Zeche Hannover. © funkegrafik nrw | Anda Sinn

Der Rundweg führt über gut ausgebaute Wege vorbei an der Zechen-Siedlung Dahlhauser Heide („Kappskolonie“) und an der Zeche Knirps, dem beliebten Abenteuerspielplatz im Ruhrpott-Style. Beinahe von überall sieht man die Krone des Malakowturmes über und zwischen den Baumwipfeln. Die Zeche Hannover zeigt, auch wenn sie vor fast einem halben Jahrhundert stillgelegt wurde, immer noch Präsenz.

Am Ende der Runde kommt der Weg östlich der alten Zeche unterhalb des Parkplatzes aus, nun geht es in einem leichten Linksbogen durch eine Tunnelröhre unter der Günnigfelder Straße hindurch. Auf der anderen Seite ist bereits das Stadtgebiet von Wanne-Röhlinghausen erreicht, dem Spazierenden eröffnet sich nun eine weite Grasfläche (Modellflugplatz des MFV Bochum & Wattenscheid), an deren Rändern buntbelaubte Wäldchen stehen, wie hingetuscht.

Dies ist ebenfalls eine alte Industriefläche, einst stand hier das Bergwerk Königsgrube in Förderung, allerdings ist von diesem Pütt außer ein paar Mauerresten nichts mehr vorhanden. Stattdessen kann man hier ein Phänomen namens „Industriewald“ erleben. Heißt: Nach Rückzug des Bergbaus wurde die Fläche Ende der 1970er Jahre abgeräumt, in Teilen akkurat umgestaltet (Spazierwege) und ansonsten sich selbst überlassen. Das fast 40 Hektar große, extensiv gepflegte Areal ist damit ein typisches Beispiel für die Entwicklung des Ruhrgebietes in den letzten 150 Jahren.

Die Siedlung Dahlhauser Heide („Kappskolonie“) in Hordel entstand zwischen 1906 und 1915 für die Familien der Belegschaft der Zeche Hannover.
Die Siedlung Dahlhauser Heide („Kappskolonie“) in Hordel entstand zwischen 1906 und 1915 für die Familien der Belegschaft der Zeche Hannover. © FUNKE Foto Services | Sabine Michalak

Genau genommen ist die Königsgrube samt der begrünten Halde heute ein wildwachsender Park. Und so führt das weitmaschige Wegenetz immer wieder zu versteckten Ecken, wo sich Birken, Büsche und Brombeeren ihren Platz gesucht haben.

Herbstspaziergänge

In der Serie „Herbstspaziergänge“ stellt WAZ-Redakteur Jürgen Boebers-Süßmann seine Lieblingsrunden in Bochum vor. Heute: Rund um die Zeche Hannover.Anfahrt mit dem 368er Bus von Bochum Hauptbahnhof, Richtung Herne/Wanne-Eickel Hauptbahnhof, Haltestelle Hannoverstraße. Der Ausgangspunkt Zeche Hannover ist gut mit dem Rad über die Erzbahn-Trasse (Auffahrt im Westpark/Jahrhunderthalle) zu erreichen.Die zweigeteilte Spazierrunde dauert komplett ca. zwei Stunden, Schwierigkeitsgrad: leicht.

Hier scheint der Alltag weit weg, selbst wenn sich unter das Rauschen der Blätter immer auch das Hintergrundrauschen der Stadt mischt. Aber der Himmel über der Königsgrube ist hoch und weit. In der für den Ballungsraum Ruhrgebiet ungewohnten Weite kann sich nicht nur an lichten Herbsttagen der Blick verlieren.

Schön renovierte Zechenkolonie lädt zu einem Abstecher ein

Abseits des Parks lohnt an der Koloniestraße die hübsch restaurierte Kolonie Königsgrube den Abstecher. Sie zählt zu den schönsten Zechensiedlungen im Ruhrgebiet, und ist doch nur wenig bekannt. Über verschlungene Wege gelangt man durch den Königsgruber Park zurück zur Günnigfelder Straße und zum Ausgangspunkt, dem Parkplatz des Industriemuseums.

Industrienatur, Ruhe, viel Grün und Vogelgezwitscher eröffnen auf diesem Doppel-Rundgang kleine Fluchten aus dem Alltag. Wer die Eindrücke sacken lassen möchte, kann dies bei Kaffee & Kuchen oder einem Kaltgetränkt im Bistro-Biergarten der Zeche Hannover tun.