Bochum.. Die Hammer Straße bildete viele Jahrzehnte die Ostgrenze der Zeche Centrum. Thorsten Schuhr betreibt dort seit 25 Jahren eine Trinkhalle.
„Viel Zeit habe ich nicht“, sagt Thorsten Schuhr. Er betreibt den letzten Kiosk an der Hammer Straße, gehört damit zu den wenigen, die dort arbeiten. Denn die Straße stellt bis auf wenige Ausnahmen ein reines Wohngebiet dar. Schuhr öffnet um zehn Uhr, bleibt eine Stunde für uns, um sich von ihm „seinen Sprengel“ zeigen zu lassen.
Schuhr kennt im Prinzip alle Ecken Wattenscheids. Höntrop, Günnigfeld, Leithe: Überall habe er seine Spuren hinterlassen. Doch ist er vor 25 Jahren an der Hammer Straße heimisch geworden, eröffnete damals den gleichnamigen Kiosk. Dort startet er auch den Rundgang mit der WAZ.
Grüne Gärten statt graue Straßen
„Das war ja hier früher die ,Mottek-Allee’“, bedient er sich des umgangssprachlichen Begriffs für Hammer, um den Wandel zu beschreiben. „Heute kennt man sich zwar kaum noch, aber das Wohnen und Leben ist angenehmer geworden.“ Was kaum jemand weiß und erahnen kann, sofern von der Bochumer Straße aus kommend, ist die Ruhe, die sich hier finden lasse. „Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich nur Grün und Gärten“, betont Schuhr. Er wohnt an der Breddestraße, die unweit seiner Trinkhalle in die Hammer Straße mündet.
An der dortigen Ecke wartet ein Höhepunkt der Straße, ein Hingucker: In den Räumen des früheren „Fiege-Ecks“ – das Kneipensterben hielt auch Einzug in Wattenscheid-Heide – werden seit geraumer Zeit Table-Dancerinnen ausgebildet. Schuhr: „Früher konnten wir hineingucken. Jetzt sind die Fenster blickdicht geworden.“
Wohnhäuser auf beiden Straßenseiten
Dicht bebaut ist auch die Straße. Auf beiden Seiten stehen Wohnhäuser, die Szenerie scheint fast typisch fürs Ruhrgebiet. Im Erdgeschoss putzt eine ältere Frau Fenster, ein paar Schritte weiter sieht’s richtig nach Maloche aus. Die Hammer Straße bildete viele Jahrzehnte die Ostgrenze der Zeche Centrum, mit deren Abteufen 1843 begonnen wurde. Längst sind die letzten Kohlen gefördert, die Arbeit stellt sich heute anders dar. Der neue Eigentümer hat das Haus, das vor zwei Jahren komplett abgebrannt war, abreißen lassen, der Schutt muss weg. Ob er die Fläche wieder bebaut, stehe aber noch nicht fest.
Hammer Straße
Bei Sanitär Schwenzek vorbei, fallen Thorsten Schuhr zwei Dinge ins Auge. Zum einen das alte Haus der früheren Futtermittelhandlung Theodor Boos, ein Gebäude, das seit über 100 Jahren das Sichtfeld an der Hammer Straße prägt. Zum anderen aber auch der kleine Spielplatz kurz vor dem Großhandel „Selgros“. „Es gibt sicher schönere. Aber in so vielen Straßen gibt es gar keinen Spielplatz. Das ist schon besonders.“ Zudem werde die Spielfläche gut angenommen, sei bei ordentlichem Wetter immer gefragt.
Klümpkes laufen wie eh und je
Von dort aus führt Schuhrs Weg über die Bochumer Straße zurück zum Kiosk. Trinkhallen jener Art gehörten einst zum Ruhrpott wie Kohle, Stahl und Taubenschlag, sind an vielen Stellen aber längst von der Bildfläche verschwunden. Im Gegensatz zur Konkurrenz konnte sich Schuhrs Betrieb jedoch halten, obschon auch er viel verändert hat in den vergangenen 25 Jahren. Oder gerade deswegen. Früher bot der Kiosk die Möglichkeit an, Wäsche für die Reinigung entgegenzunehmen, kaputte Treter zum Schuster zu bringen. Ein Videoverleih scheint heute genauso undenkbar, wie auch das Zeitungsgeschäft nicht mehr mit früher zu vergleichen ist. Stückartikel, also Klümpkes, laufen dagegen wie eh und je. „Manche Kunden kommen extra nur dafür“, sagt Schuhr. 50 Bonbondosen gingen monatlich zur Neige.
Größter Trumpf sei aber der Standort: „Der Laden liegt ein bisschen abseits. Zuerst dachte ich, das wäre ein Nachteil. Aber für eine Tüte Milch fährt nicht jeder zum Discounter.“ Und kauft lieber in einem der letzten Geschäfte vor Ort ein.
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