Bochum. Die Soziale Liste hat im Rat auf den Verkauf von rechten Zeitungen und Zeitschriften in der Bahnhofsbuchhandlung aufmerksam gemacht. Nun gibt es Streit, ob der Verkauf der Blätter rechtmäßig ist. Die Inhaber der Buchhandlung verteidigen den Vertrieb als Ausdruck der Presse- und Meinungsfreiheit.

Nachdem die Soziale Liste im Rat auf den Verkauf von rechtsextremen Zeitungen und Zeitschriften in der Bahnhofsbuchhandlung aufmerksam gemacht hat, gibt es eine Debatte um die Rechtmäßigkeit dieser Veräußerung: „Während erst kürzlich der Mordopfer des rechten Terrors in einem Staatsakt gedacht wurde, kann die NPD sozusagen am Eingang von Bochum, dem Hauptbahnhof, diesen Terror relativieren“, heißt es in einer Erklärung der Gruppierung.

„Empörte Bürger“, so heißt es in der Mitteilung der Sozialen Liste weiter hätten darauf aufmerksam gemacht. In der Buchhandlung wird etwa das monatlich erscheinende Partei-Blatt der NPD „Deutsche Stimme“ verkauft, das in seiner aktuellen Ausgabe etwa in zynischer Weise von der „Überfremdung“ faselt, und den deutschen Kleinkindern die sich angeblich schon früh unterordnen müssen. Gleich daneben liegen die Ausgaben der „Preußischen Allgemeinen Zeitung“ der „Jungen Freiheit“ des Heftes „Der Schlesier“, der sich selbst als patriotisch, gesamtdeutsch und volkstreu bezeichnet – in einer Reihe mit einer jüdischen Zeitung übrigens. Werbespruch: „Eine Vertreibung war genug. Damit Deutschland eine sichere Heimat der Deutschen bleibt, wendet Der Schlesier sich gegen Überfremdung und Umvolkung.“

Kein Einschreiten möglich

Anja Dreyer ist Assistentin der Geschäftsführung der Valora-Retail-Gruppe, zu der die Bahnhofsbuchhandlung „Press & Books“ gehört: „Valora fühlt sich in Deutschland dieser grundgesetzlichen Pressefreiheit verpflichtet und vertreibt ohne Ausübung einer Zensur Zeitungen und Zeitschriften. Toleranz und politisches Verantwortungsbewusstsein stehen von daher im Einklang mit dem Vertrieb alller gesetzlich erlaubten Pressetitel.“ Dreyer verweist außerdem auf zahlreiche Rechtssprechungen oberster Gerichte dazu. Es könne nicht die Aufgabe eines Vertriebshändlers sein, einzelne Titel zu indizieren.

Ganz ähnlich kommentiert die Bahn AG als Eigentümer des Hauptbahnhofes und Vermieter des Ladenlokals die aktuelle Debatte. Solange Gesetze oder Auflagen dem Verkauf nicht entgegenstünden, gebe es keine Handhabe, etwas gegen den Verkauf zu tun.

Der Staatsschutz der Bochumer Polizei bestätigt zwar, dass der Verfassungsschutz bestimmte Druckwerke ganz genau beobachte, ein Einschreiten jedoch nicht möglich sei, solange nicht ein Verstoß gegen Gesetze nachgewiesen werden könne.

Rechtsextreme Gedanken unter esoterischem Deckmantel

Silke Bellmann von der Bochumer Filiale der Mayerschen Buchhandlung erklärt, wie ihr Haus mit dem Thema umgehe: Bestimmte Presseorgane wie die oben genannten kämen erst gar nicht in die Auslage. „Wir verfolgen ganz genau, welche Zeitungen aber auch welche Bücher welcher Verlage bei uns in den Verkauf kommen.“ Als Beispiel nannte sie Buch-Verlage, die seit Jahren unter dubiosen esoterischen Denkmäntelchen versuchten, auch rechtsextreme Gedanken zu verbreiten. So etwas werde vorher natürlich aussortiert.

Vor dem Bahnhof steht Günter Leissnig. Er hat von der Debatte gehört. „Meiner Meinung nach sollen diese Blätter ruhig verkauft werden“, sagt er und findet Unterstützung von ganz ungewohnter Seite. Hamid kommt aus dem Iran, wo es solche Meinungsfreiheit überhaupt nicht gibt. „Die Pressefreiheit ist doch sehr wichtig. Bei uns im Iran gibt es soetwas überhaupt nicht.“ Er möchte nicht fotografiert werden, aus Angst vor möglichen Nachteilen. Offenbar ist der Iran näher als man glaubt.

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