Bochum. Die Stilllegung am einstigen Nirosta-Standort ist im vollen Gange. Wertvolle Legierungen und Schrott werden per Bahn nach Finnland transportiert.
Es ist kühl in der riesigen Halle, die einmal das letzte Bochumer Stahlwerk war. Die Luft ist klar und nur der feine Staub, der sich auf dem Boden, den Kabeln, Geländern, überall sich festgesetzt hat, erinnert daran, dass hier vor gut sechs Wochen noch gewaltige Elektroden unter ohrenbetäubendem Lärm Schrott, Legierungen und Stahl mit der Höllenhitze des UHP-Ofens in Edelstahl, Nirosta, verwandelt haben. Jetzt flattert ein Taubenpärchen oben in der Galerie, kein Lärm – die Vögel fühlen sich sichtlich wohl.
Drinnen im kargen Konferenzraum wickelt Harald Behmenburg ab. Auf seiner Visitenkarte steht noch „Chef des Stahlwerks Krefeld“, handschriftlich ist Bochum darübergeschrieben. Das Stahlwerk Krefeld ist Geschichte. „Hier in Bochum arbeiten derzeit nur noch wenige Männer. Sie sind mit Aufräumarbeiten beschäftigt“, erläutert Behmenburg. Etwa müssen Gasleitungen getrennt, Maschinen demontiert werden.
Noch verlassen zweimal pro Woche vier Güterwaggons die Halle
Einer dieser Männer, der fast trotzig seinen matt silbern schimmernden Stahlwerkshelm trägt, fegt den grauen Staub in der Halle zusammen, darunter tauchen ebenso graue Steinfliesen auf. Nebenan stehen eng aneinandergeschmiegt die riesigen Gießpfannen. Nutzlos jetzt, schleppten sie einst das flüssige Stahl zur Metallurgie und weiter zur Stranggussanlage. Noch verlassen zweimal pro Woche vier Güterwaggons die Halle: Armin Meyer vom Team Rohstoffe erläutert: „Die wertvollen Zusatzstoffe wie Legierungen, davon hatten wir hier rund 5000 Tonnen auf Lager, gehen zu den Outokumpu-Stahlwerken nach Finnland oder Schweden.“ Jetzt sind nur Reste in den Bunkern. Die Waggons müssen immer weniger Material aufnehmen. Bis zum Jahresende sollen die gröbsten Arbeiten abgeschlossen sein.
Auf einer Grundfläche von 30.000 Quadratmetern hatte noch der Bochumer Verein, als Vorvorgänger von Outokumpu, 1957 das Werk als modernes Oxygenstahlwerk errichtet. Diese bald 60-jährige Geschichte am Standort macht es jetzt nicht einfach, das Werk stillzulegen. Dr. Verena Schulz-Klemp erläutert als Verantwortliche für Umweltfragen bei Outokumpu in Deutschland das weitere Vorgehen. „Es ist eine Studie in Arbeit, die klären soll, welche umweltrelevanten Stoffe auf dem Gelände liegen oder liegen könnten.“ Als Rechtsnachfolger ist der finnische Konzern in der Pflicht, allen Anforderungen der Umweltbehörde nachzukommen.
Beim Rundgang durch das Werk erinnert sich Harald Behmenburg an den letzten Abstich am 23. Juni. „Ja, das war ein sehr emotionaler Moment. Aber das ist vorbei.“
Die Schlacke wird abtransportiert
Wenige hundert Meter entfernt vom Stahlwerk lagern auf dem Gelände, dem das einst dort liegende Gehöft Thiemannshof einen klangvollen Namen gab, mehr als 150.000 Tonnen Schlacke. Lastwagenladung für Lastwagenladung wird die weißgraue Masse jetzt zur Deponie Marbach gebracht.
Nach monatelangen Diskussionen erhielt Outokumpu bekanntlich die Genehmigung die alte Deponie weiterzubetreiben. Durch die Schließung des Stahlwerks bleibt den Menschen in Hamme allerdings der langwierige Weiterbetrieb erspart. Zur Zeit werden rund 1500 Tonnen Schlacke täglich im Pendelverkehr nach Hamme transportiert
Vergiftetes Wasser soll nicht nach draußen gelangen
Dort ist ein Team von Spezialisten unter Norbert Klipsch dabei, die alte Deponie zu sichern. Vor allem soll verhindert werden, dass das zum Teil mit Giftstoffen belastete Wasser der Altdeponie nach draußen gelangt. Dabei wird schon jetzt Schlacke eingebaut. Wasserdichte Spezialfolie und Drainagerohre leiten das Schmutzwasser später in das Abwassernetz der Emschergenossenschaft. Je nach Fortschritt der Arbeiten können bis zu 50 Schwerlaster pro Tag die Deponie anfahren. Sie bringen nicht nur Schlacke, sondern auch andere Materialien. Rund zwei Jahre, maximal bis 2018, soll dann die Deponie beschickt werden.
Verena Schulz-Klemp kündigt an, dass das nächste Treffen des Deponiebeirats voraussichtlich Mitte Oktober stattfinden soll. Hier haben Anwohner die Möglichkeit, sich zu informieren und sich auch mit Kritik einzubringen.