Bochum. Elmar Weiler, Rektor der Bochumer Ruhr-Universität hält die von Wissenschaftsministerin Svenja Schulze vorgesehne Frauenquote für kontraproduktiv und den Entwurf des „Hochschulzukunftsgesetzes“ für „pure Ideologie“. Demnächst beginnt Weiler sein dritte Amtszeit als RUB-Rektor.

Der Rektor der Ruhr-Universität, Professor Dr. Elmar W. Weiler, beginnt demnächst seine dritte Amtszeit. Schon zuvor muss er sich aber mit dem Entwurf des „Hochschulzukunftsgesetzes“ (HZG) der Landesregierung auseinandersetzen. Florian Bickmeyer sprach mit ihm.

Herr Weiler, für wie weiblich halten Sie die RUB?

Professor Dr. Elmar W. Weiler: Schon sehr. Im Hochschulrat haben wir 50 Prozent Frauen, in den acht Dezernaten der Verwaltung haben wir sechs Dezernentinnen. Bei den Studierenden ist es ausgeglichen. Bei Doktorandinnen und Juniorprofessorinnen liegen wir bei jeweils rund 40 Prozent, bei den Dauerprofessuren aber nur knapp über 20 Prozent – auch wenn wir in den letzten Jahren auf fast jede dritte freie Professur eine Frau berufen konnten. Ganz, ganz langsam geht die Professorinnenquote hoch. Das ist aber ein Prozess, der Zeit braucht. Wir können die Quoten nicht von einem Tag auf den anderen ändern.

Der Entwurf des HZG sieht eine Quote von 40 Prozent Frauen in Hochschulgremien vor.

Weiler: Wenn man das mit einer Quote erzwingt, würden wir gerade Professorinnen, die ja genau wie Männer auf ihre Karrieren achten müssen, übermäßig stark mit Gremienarbeit belasten. Das scheint in der Politik aber keinen zu interessieren. Man kann das nicht über eine Quote regeln, sondern nur mit Langzeitstrategien.

Das heißt, Sie halten die Quote für kontraproduktiv?

Weiler: Die ist kontraproduktiv und ein ideologisches Instrument. Man tut den Frauen damit überhaupt keinen Gefallen. Das wird man leider erst merken, wenn es eingeführt ist.

Die akademischen Karrieren von Frau zu fördern haben Sie sich für Ihre anstehende dritte Amtszeit vorgenommen. Was haben Sie vor?

Weiler: Man muss sehen, dass in allen Bereichen viele Frauen sind. Bei den Professuren sind 30 Prozent noch nicht doll, aber viel besser als die 14 Prozent, die wir im Jahr 2000 hatten. Wir stellen fest, dass Frauen in männerdominierten Fächern keine Vorbilder haben – das entmutigt. Wir haben deshalb in unserer Doktorandenausbildung ein Projekt, das gerade Doktorandinnen in solchen Fächern frühzeitig einen Antrag auf einen Auslandsaufenthalt stellen können, um dort mit einer Professorin in ihrer Disziplin zu arbeiten – damit sie das Vorbild erleben.

 Diese Übergangsphase fördern wir, auch finanziell. Ich hoffe, dass damit viele unserer Doktorandinnen weitermachen und sich in dieser Phase nicht gegen die Karriere entscheiden. Danach, in der Postdoktoranden-Phase, ist die Karriereleiter, glaube ich, geschlechtsspezifisch nicht mehr so problematisch. Und wir haben in Bochum ein System, „Career Track“, um für unsere Spitzenleute neue Professuren zu schaffen.

Mit dem HZG will das Land auch die „Profilbildung der Hochschulen“ vorantreiben. Die Hochschulen lehnen diese „Hilfe“ ab. Sie auch?

Weiler: Wir haben unsere Fächervielfalt zuletzt ausgebaut. Die Dinge, die wir zurückgefahren haben, waren immer ministeriell aufgezwungen. Wir haben neue Fächer etabliert und eingebunden. In den Religionswissenschaften haben wir zum Beispiel vier Professuren neu errichtet – klassische kleine Fächer. Das Land wäre in der Landesplanung nie darauf gekommen. Wir bauen es so ein, dass sich daraus ein Forschungsschwerpunkt ergibt.

Eine Universität hat viele gesellschaftliche Aufgaben. Wir können nicht alle einen Landesplan abarbeiten – das tötet die Kreativität und ich glaube nicht, dass das den Studierenden entgegen kommt. Man muss die Universitäten offen halten und unabhängig von kurzen Zyklen des Arbeitsmarktes, für den wir natürlich ausbilden. So ist das HZG pure Ideologie, das sage ich ganz offen.