Bochum. Der renommierte Bochumer Historiker Dr. Hubert Schneider hat den Nordbahnhof zweifelsfrei als einen Ausgangsort für die Deportation von Juden und deren Angehörigen in die Konzentrationslager identifiziert.
Ziemlich genau drei Jahre, nachdem in dieser Zeitung eine neue Debatte zu einem Gedenkort in Bochum zur Deportation der Juden angestoßen worden ist, gibt es eindeutige Belege dafür, dass der Nordbahnhof, dessen Gebäude noch heute am Nordring steht, eine zentrale Rolle für Deportationen von Bochum aus gespielt hat. Vor allem den Recherchen des Historikers Dr. Hubert Schneider, der sich in den letzten drei Jahren intensiv mit diesem Thema beschäftigt hat, sind diese neuen Erkenntnisse zu verdanken.
Die Informationen aus den im Staatsarchiv Münster aufbewahrten Wiedergutmachungs-Akten und Dokumenten sind eindeutig: Der Nordbahnhof wird in Aussagen der Überlebenden immer wieder genannt. Schneider stellt fest: „Das Bahnhofsgebäude wurde somit als einziger authentischer Ort zu einem Haftpunkt der kollektiven Erinnerung dieser Stadt an die Deportationen in die Vernichtungslager.“
Schneider fand etwa die eidesstattliche Erklärung von Heinz Günter Herz, Sohn eines jüdischen Vaters und einer christlichen Mutter, vom 22. März 1956. Dort heißt es: „Am 14. Oktober 1944 wurde ich in Bochum, Moltkemarkt Nr. 27 von der Gestapo aufgefordert, mich in Bochum am Nordbahnhof zu melden.“
Nordbahnhof ist der einzig erhaltene authentische Ort
Die Fundstelle gibt weiter Hinweise: „Soweit ich mich erinnern kann, bekamen alle Juden eine solche Aufforderung. Am nächsten Tag wurden wir unter Bewachung nach Soest gebracht. In Soest, wo sich ein Auffanglager befand, blieb ich etwa drei Tage. Dann wurde ein Transport zusammengestellt für das Durchgangslager Kassel.“ Es gibt ähnliche Aussagen, die allesamt die Erwähnung des Nordbahnhofs als Sammel- oder Ausgangspunkt als Gemeinsamkeit aufweisen.
Mit dem Pfarrer und langjährigem Leiter der evangelischen Stadtakademie, Dr. Manfred Keller, ist sich Schneider heute sicher, dass die Sammelstellen im Bochumer Stadtgebiet, von denen eben der Nordbahnhof der einzig erhaltene authentische Ort ist, am Anfang der schlimmsten Phase des Leidenswegs so vieler jüdischer Bürger dieser Stadt standen.