Bochum-Weitmar. Marianne Roos (65) aus Weitmar bietet zwei ihrer Wohnräume für eine Familie an. „Das ist doch besser als in irgendeiner kalten Turnhalle zu wohnen“, sagt sie.

Von notdürftigen Massenunterkünften für Flüchtlinge liest Marianne Roos (65) jeden Tag in der Zeitung. „Ich habe zwei Zimmer in meiner Wohnung, die ich gerne an Flüchtlinge abgeben würde“, sagt die ehemalige Arztsekretärin aus Bochum-Weitmar.

Seit ihre beiden Töchter aus dem Haus sind und ihr Mann vor sechs Jahren starb, wohnt sie allein auf 104 Quadratmetern. „Im Gästezimmer steht ein großes Bett, das Arbeitszimmer ist schnell freigeräumt.“ Beheizt, mit Balkon. „Das ist doch besser als in einer kalten Turnhalle zu wohnen“, sagt Roos.

Hilfe wird benötigt

Die Idee, ihre Wohnung zur Verfügung zu stellen, kam Roos bereits im September. Sie schrieb etliche Mails, besuchte Flüchtlingsunterkünfte und telefonierte mit verschiedenen Verantwortlichen. Im Dezember sitzt sie immer noch allein in ihrer Wohnung.

Da hilft nur Geduld – und die Gewissheit, dass die Hilfe gebraucht und von offizieller Seite wertgeschätzt wird. „Wir freuen uns über Wohnungsangebote“, bestätigt Barbara Gottschlich, Sprecherin der Stadt Bochum. „Die Wohnungen müssen den normalen Mindeststandards entsprechen: trocken und beheizbar, Kalt- und Warmwasser. Geeignet sind sowohl möblierte als auch unmöblierte Wohnungen.“

Vorgang sei unproblematisch

Der Lehrer Ulrich Pieper (59) hat seit dem letzten Sommer einen Mitbewohner aus Syrien, mittlerweile wohnen sogar zwei Personen bei ihm. „Der Vorgang ist unproblematisch“, sagt Pieper. „Ich bin mit beiden jeweils zum Bürgerbüro gegangen und habe sie angemeldet. Abgesehen von den normalen Wartezeiten hat das zehn Minuten gedauert.“ Komplizierte Nachfragen vom Amt habe es nicht gegeben.

Ehrenamtlich betreut Ulrich Pieper, Vorsitzender der Migrantenorganisation Ifak, an mehreren Orten Sprachcafés, in denen Neuankömmlinge sich mit deutschen Muttersprachlern über verschiedene Themen unterhalten. Hier kann jeder teilnehmen, die deutsche Sprache vermitteln und Hilfe anbieten.

In Kontakt mit der Stadt

Marianne Roos bekam im November Besuch von einer Vertreterin der Stadt, die ihr bestätigte, dass ihre beiden Räume sich als vorübergehende Wohnräume eignen. Nun würde sich jemand bei ihr melden – von einer Organisation, die Flüchtlingsunterkünfte betreut, um ihr eine Familie zu vermitteln. Vielleicht gelingt es Roos vorher auf eigene Faust, bei Sprachcafés oder anderen Aktivitäten, Menschen zu treffen, denen sie helfen kann. Derer gibt es derzeit so viele, dass die Stadt kaum hinterher kommt, sie an Hilfeleistende zu vermitteln.

„Ich bin in einem Dorf aufgewachsen. Meine drei Brüder gingen zum Gymnasium, ich selbst durfte das nicht. Mein Vater sagte: Als Mädchen bist du für Haus und Küche zuständig, du musst nichts lernen.“ Das erzählt Roos, die als junges Mädchen gerne Medizin studiert und in der Entwicklungshilfe gearbeitet hätte. Mit 20 Jahren sei sie von zu Hause ausgezogen, um im Bochumer Bergmannsheil zu arbeiten. „Das war für mich die größte Freiheit“, sagt sie. „Bochum, die Selbstständigkeit. Vielleicht liegt es mir deshalb heute so am Herzen, mitzuhelfen, dass andere junge Menschen ihre Träume verwirklichen können.“

Wohnungsangebote nimmt die Stadt Bochum entgegen

Wohnungsangebote nimmt die Stadt Bochum entgegen. Email: wohnungen-fuer-fluechtlinge@bochum.de, Telefon 0234/910 3303. Mehr Informationen: fluechtlingshilfe-bochum.de

Eine Koordinierungsstelle für ehrenamtliche Flüchtlingshilfe wurde beim Amt für Soziales und Wohnen eingerichtet, um Sachspenden, Aktivitäten, Dolmetschertätigkeiten u.a. zu vermitteln. Nadine Meyer, E-Mail: Fluechtlingshilfe@bochum.de, Telefon: 0234 / 910 1531.

montags: 8.30 bis 12.30 Uhr, mittwochs: 8.30 bis 10.30 Uhr, donnerstags: 13 bis 15 Uhr