Tattoos sind längst nicht mehr nur schmuddelige Bildchen auf den Oberarmen von Seemännern. Die Haut wird zur farbigen Leinwand des Lebens. Im Bochumer Ruhr-Congress trafen sich am Wochenende die weltbesten Tätowierer.
Hatte die Tattoo-Szene einen Großteil ihres Reizes spätestens verloren, seit jeder Teenie sich ein Arschgeweih machen ließ, ist sie, darf man Jochen Auer glauben, wieder voll da. Der Österreicher ist der Vater der „Wildstyle Tattoo-Messe“, mit der er vor 15 Jahren in Wels den Siegeszug in der Szene antrat. Es war der Reiz des Andersseins, des Skurrilen, der die Menschen in Scharen anzog. Am Wochenende nun gab es unter dem Motto „The Reunion of the Original Tour“ ein Wiederaufbäumen im Ruhr-Congress, teils mit dem alten Team aus den Anfängen.
„Es ist ein einzigartiges Konzept, beinhaltet es doch die Teilnahme der weltbesten Tätowierer, von Piercern und Händlern und eine Bühnenshow“, sagt Marko Sirac vom Veranstalter.
„Lucky Diamond Rich“, der am meisten tätowierte Mensch
Wildstyle Tattoo-Messe
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Die Künstler kommen aus Australien, Japan, den USA, alle tragen Namen, die in der Szene aufhorchen lassen. Unter ihnen „Lucky Diamond Rich“, der am meisten tätowierte Mensch, was ihm das Guinness-Buch der Rekorde bescheinigt. In Bochum sah man an seinem Stand, wo er etwa einem Besucher ein Bild auf dem linken Schulterblatt verpasste, keine freie Stelle mehr auf sichtbarer Haut. Er gehörte auch zu den Darbietungen der „Modern Primitives – Freakshow“, jonglierte zum Beispiel auf der Bühne mit Motorsägen.
Am Samstag wurde das Publikum mit stündlichen Shows, am Sonntag mit einem Programm alle 45 Minuten unterhalten. Viel Beachtung fand der „Circus of Rock“, fünf Trommler mit Ölfässern, dazu gab’s Akrobatik zu rockig-aufgepeppten Nirvana-Songs.
Auffallen, polarisieren, befriedigen
Wem gehört das Tattoo?
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Der Dauerregen ließ bei den Veranstaltern lange Gesichter zurück, „wir haben mit mehr Andrang gerechnet“, meinte Marco Sirac bedauernd, „denn vom Einzugsgebiet her haben wir uns von Bochum viel versprochen“. Die Messe will vor allem mehrere Szenen ansprechen und deren Bedürfnis, aufzufallen und zu polarisieren, befriedigen. Rockabillies, Heavy-Metal-Fans, Biker, Punks und jeder, der dazugehören will, fand bei den gut 50 Ausstellern die passenden Outfits und Accessoires, von Stöckelschuhen und Bademänteln mit Totenschädeln, über 50er-Jahre-Taftkleider, Lack und Leder, bis hin zum Schmuck, der den Körperkult optisch vollendet. Musik gab’s zu kaufen, wobei sich unter all den adäquaten Hardrock-CDs sogar Elton John eingeschmuggelt hatte. Auch Anke mit ihrem Nagelstudio versorgte Besucherinnen mit „French Nails“.
Fast alle Tattoo-Künstler hatten während der Messe-Öffnungszeiten alle Nadeln voll zu tun; Männer wie Frauen nutzten die seltene Gelegenheit, sich ein Hautbild von einem der renommierten Handwerker wie John Kamikaze, Asakusa Horiyasu, Mike Bellamy & Co. stechen zu lassen, im Nacken, auf dem Rücken und auf den Waden. „Noch immer macht es einen Unterschied, ob jemand Tattoos im Gesicht oder auf der Schulter trägt“, sagt Sirac, dessen Bilder die Arme bedecken.
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