Bochum. 737 Euro zahlte eine Familie an einen Schädlingsbekämpfer. Die Bochumer fühlen sich abgezockt. Das Geld ist wohl weg. Die Ratte ist noch da.
„Garantiert erschwingliche Festpreise ohne versteckte Kosten“, verspricht eine Schädlingsbekämpfungs-Firma mit Sitz im Westerwald auf ihrer Internetseite. Eine Bochumer Familie hegt daran massive Zweifel. „Wir befürchten, eine Menge Geld verloren zu haben“, sagen die Eheleute und ärgern sich selbst am meisten darüber, in Vorkasse gegangen zu sein. Das Unternehmen lehnt gegenüber der WAZ jedwede Haftung ab.
Am Haus der Familie in Grumme wurde in der vergangenen Woche eine Ratte gesichtet. „Wir haben nach Schädlingsbekämpfern in Bochum gegoogelt. Die Firma, die mit als erste auftauchte, haben wir direkt angerufen“, berichtet Familie S., die ihren vollen Namen nicht in der Zeitung sehen möchte.
Ärger um Schädlingsbekämpfer: 737 Euro – sonst gibt’s keine Garantie
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Schon wenig später stand ein Mitarbeiter vor der Tür. „Er kam uns zunächst sehr seriös vor und teilte uns mit, dass er in Abständen von einigen Tagen vier Mal Köder auslegen müsse. Das koste jedes Mal 156 Euro. Wir haben das akzeptiert.“
Die ersten Köder verteilte der Mitarbeiter sofort auf dem Grundstück. „Als er fertig war, hieß es auf einmal, dass wir auch die anderen drei Einsätze per Vorkasse bezahlen müssten. Davon war vorher nicht die Rede“, schildert die Familie. „Obwohl wir ein komisches Gefühl hatten, haben wir das Geld mit der EC-Karte – er hatte ein Gerät dabei – gezahlt.“ Inklusive Mehrwertsteuer 737 Euro. Sonst, habe der Mitarbeiter gesagt, gebe es keine Garantie.
Unternehmen winkt ab: Wir sind nur Vermittler
Eine Rechnung wird nicht ausgestellt. Lediglich eine Zahlungsbestätigung. Deshalb bitten die Bochumer noch am Abend per Mail darum, die weiteren drei Köder-Einsätze sowie die „Zufriedenheitsgarantie“ (so heißt es in der Online-Werbung) schriftlich zu bestätigen. „Darauf haben wir bis heute keine Antwort erhalten“, sagen die Eheleute, die bei ihren Recherchen Böses ahnten: „Die auf der Seite angegebene Firma existiert gar nicht. Wohl deshalb läuft der Kontakt ausschließlich über eine Handynummer.“
Auf WAZ-Anfrage verweist die Firma darauf, „lediglich als Vermittler“ ohne jegliche Haftung tätig zu sein. Die Kunden müssten sich an den Subunternehmer wenden, der vor Ort war. Wer das ist? „Das muss auf der Rechnung stehen.“ Siehe oben: Die ist nicht vorhanden.
Verbraucherzentrale warnt vor dreister Abzocke
„Wer einen Kammerjäger oder Schädlingsbekämpfer sucht, gerät leicht an dreiste Abzocker. Im Internet werben fragwürdige Anbieter mit Schnäppchenpreisen und ködern Verbraucher mit falschen Angaben zum Firmensitz“, warnt die Verbraucherzentrale. Die vermeintlichen Helfer kämen schnell zum Vor-Ort-Termin, ohne vorher eine Auskunft über die Kosten zu geben. „Dann verlangen sie oft extrem hohe Beträge und drängen auf sofortige Bezahlung in bar oder per Karte. In vielen Fällen stellen solche fragwürdigen Anbieter keine vollständige Rechnung aus“, berichten die Verbraucherschützer und mahnen zu höchster Vorsicht (siehe Info-Kasten).
Was die Verbraucherzentrale rät
Die Verbraucherzentrale rät bei Aufträgen an Schädlingsbekämpfer:Ein bekanntes Unternehmen anrufen, das seinen Sitz nachweislich am Ort oder in der Nähe hat. Vorsicht: Viele fragwürdige Anbieter täuschen im Internet falsche Firmenadressen vor.Keinen Auftrag ohne vorherige Preisvereinbarung erteilen. Eine Pauschale für die Anfahrt ist nur zulässig, wenn sie vorher vereinbart wurde.Vor Ort allenfalls eine Anzahlung unter Vorbehalt leisten. Im Zweifelsfall die Rechnung bei der Verbraucherzentrale prüfen lassen.Wer sich genötigt fühlt, sollte einen Zeugen dazu holen und notfalls die Polizei rufen. Nötigung ist strafbar.
Der Deutsche Schädlingsbekämpfer-Verband (DSV) wirbt als Berufsverband dafür, Verbrauchern nur seriöse Mitgliedsunternehmen zu empfehlen. Eine im Internet (www.dsvonline.de) veröffentlichte Liste des DSV führt zwei Bochumer Unternehmen auf. Die vom Grummer Ehepaar beauftragte Firma ist nicht dabei.
Bochumer haben ansässige Firma beauftragt
Die Bochumer glauben nicht daran, dass der Mitarbeiter wiederkommt. „Eigentlich möchten wir es auch gar nicht mehr, weil die Köder nach unserer Einschätzung falsch ausgelegt wurden“, sagen sie. Stattdessen haben sie eine ansässige Fachfirma beauftragt, die ihnen von Bekannten empfohlen wurde. An die Öffentlichkeit gehen sie gleichwohl: „Wir möchten andere Menschen dazu bewegen, aufmerksamer zu sein, als wir es waren.“
Ihr Geld, befürchten die Eheleute, ist wohl weg. Die Ratte ist noch da.