Bochum. Die Ruhr-Uni Bochum hat ein großes Völkerrechtsinstitut. Seit dem Ukraine-Krieg geben die Forschenden viele Interviews, auch für die Tagesschau.

Sind Waffenlieferungen in die Ukraine erlaubt – oder machen sie Deutschland womöglich zur Kriegspartei? Es sind Fragen wie diese, auf die Forschende der Ruhr-Universität Bochum(RUB) derzeit Antworten suchen und finden. Seit 1988 existiert das Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht, einst gegründet vom langjährigen RUB-Rektor Knut Ipsen. In diesen Wochen sind die Forscher gefragter denn je – als Experten, aber auch für zahlreiche Einschätzungen in der Tagesschau und bei anderen großen Medien.

Bochumer Institut ist gefragter Interview-Partner für große Medien

„Waffenlieferungen sind erlaubt, ob das Deutschland zur Kriegspartei macht, ist umstrittener“, beantwortet Prof. Pierre Thielbörger, seit 2014 Institutsleiter, die oben aufgeworfene Frage. Eine Antwort dazu im Völkerrecht zu finden, sei recht kompliziert. Früher habe man strikt zwischen neutralen Parteien und Kriegsparteien unterschieden, mittlerweile gebe es auch etwas dazwischen.

Prof. Pierre Thielbörger ist Leiter des Instituts für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht. Es gehört zur Ruhr-Universität Bochum.
Prof. Pierre Thielbörger ist Leiter des Instituts für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht. Es gehört zur Ruhr-Universität Bochum. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Das Bochumer Institut ist eines der größten in Deutschland, das sich mit dem Völkerrecht beschäftigt. „Uns erreichen derzeit sehr viele Medienanfragen“, erklärt Thielbörger. Es ist die Ironie des Schicksals: Je grausamer die Welt ist, desto mehr seien er und seine Mitarbeitenden gefragt.

Neben den medialen Einschätzungen zum Thema Ukraine-Krieg ist das Institut rechtsberatend tätig, arbeitet an Publikationen zu der Thematik. „Es wäre gelogen zu sagen, dass die Ukraine aktuell thematisch nicht alles beherrscht“, so der Leiter des Instituts. „Doch natürlich gibt es auch andere Probleme. Wir versuchen, beidem gerecht zu werden.“

Wasserknappheit kann zu bewaffneten Konflikten führen

Einer von Thielbörgers Forschungsschwerpunkten ist das „Menschenrecht auf Wasser“. Dieses sei erst sehr spät aufgenommen worden, obwohl: „Wasser ist die wertvollste Ressource, die wir haben. Wir brauchen es zum Überleben“, erklärt der Jurist und Wissenschaftler. Noch dringender als Strom oder Gas. Generell beschäftigt sich Thielbörger viel mit der Wasserversorgung. „Wie kann man sie im globalen Süden gewährleisten?“, ist eine Frage. Genauso wie der Aspekt, dass eine Wasserknappheit mehr und mehr zu bewaffneten Konflikten führen kann.

Bekannt ist das Bochumer Institut auch für den Weltrisikobericht, der einmal jährlich im Herbst veröffentlicht wird. Thielbörger: „Wir erstellen ein Ranking, welche Länder am meisten bedroht von Naturkatastrophen sind.“ Dabei fließt zum einen die wettertechnische Komponente an sich ein, zum anderen auch der Aspekt, wie gut die Länder gegen Naturkatastrophen gewappnet sind. Veröffentlicht wird der Bericht zusammen mit dem „Bündnis Entwicklung Hilft“.

„Unser Stolz ist unser Master-Studiengang“, erklärt Thielbörger. Den gibt es seit 1993. Über 20 europäische und internationale Partnerinstitutionen sind daran beteiligt. Studierende lernen die humanitären Prinzipien kennen – gleichzeitig ist der Studiengang sehr praxisorientiert.

Spannende Talk-Veranstaltung zu wissenschaftlichen Themen

Lisa Cohen und Maximilian Bertamini sind Juristen, wissenschaftliche Mitarbeiter und Doktoranden am Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht. Sie hatten die Idee zu den „Future Talks“.
Lisa Cohen und Maximilian Bertamini sind Juristen, wissenschaftliche Mitarbeiter und Doktoranden am Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht. Sie hatten die Idee zu den „Future Talks“. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Immer wieder organisiert das Bochumer Institut auch Veranstaltungen – eine spannende Reihe startet am 27. April im Bergbau-Museum. Die Idee dazu hatten die beiden Doktoranden und Juristen Maximilian Bertamini und Lisa Cohen. „Bei den ,Future Talks’ treten Gäste und Forscherinnen und Forscher in einen offenen und lockeren Dialog“, erklärt Maximilian Bertamini. Lisa Cohen ergänzt: „Weg von langen Vorträgen, hin zum Talkshow-Format. Das kann für beide Seiten gewinnbringend sein.“

Veranstaltung im Bergbau-Museum

Die Future Talks finden am 27. April, 11. Mai, 1. Juni und 15. Juni im Auditorium des Deutschen Bergbau-Museums Bochum, Am Bergbaumuseum 28, statt und beginnen jeweils um 18 Uhr. Die Themen: „Elektronische Kriegsführung“, „Neues Weltraumzeitalter, alte Regeln“, „Wasserqualität in Bochum“ und „Rohstoffwelten im Wandel“. Nähere Informationen dazu: future-talks-bochum.jimdosite.com/Karten sind für 3 Euro pro Person im Vorverkauf über service@bergbaumuseum.de oder telefonisch unter 0234 587 72 20 und an der Abendkasse erhältlich (bis 30 Minuten vor Veranstaltungsbeginn). Im Preis enthalten ist auch ein Freigetränk. Eine vorherige Anmeldung ist wegen Corona aktuell notwendig.

Die Veranstaltung soll einen Blick hinter die Wissenschaft bieten – niederschwellig und ohne viel Fachjargon. „Wir wollen die Gesellschaft in ihrer Breite und Diversität erreichen. Wir wollen diskutieren, auch kritisch“, so Cohen. Beim ersten Termin am 27. April beispielsweise werden Lisa Cohen und IT-Sicherheitsexperte Steffen Becker über elektronische Kriegsführung sprechen (s. Infobox).