Bochum. Nachttaxis für Frauen sollen für mehr Sicherheit sorgen. In einigen Großstädten gibt es das Angebot schon länger. Nun erreicht das Thema Bochum.
Oldenburg hat es seit langem, Bremen, Münster und einige weitere Großstädte ebenso. Die Rede ist vom Nachttaxi für Frauen. Nachdem auch Mannheim jetzt das Frauennachttaxi eingeführt hat, erreicht die Debatte Bochum. Dem Rat liegt eine Anfrage der NPD-Ratsgruppe vor. Sie möchte wissen, ob die Verwaltung das Mannheimer Modell kennt und welche Kosten seine Einführung verursachen würde.
Erfahrungen in Mannheim abwarten
Eine Antwort steht noch aus. Aber in der Stadtgesellschaft gibt es schon jetzt Zustimmung. „Das Frauennachttaxi ist eine gute Idee“, so die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, Regina Czajka. Gleiches sagt Christian Weidmann, Delegierter des westfälischen Verbandes der Taxiunternehmer in Bochum. Sebastian Pewny, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Rat, spricht sogar von einer charmanten Idee, „auch wenn die NPD versucht, sie politisch zu instrumentalisieren“. Er kann sich vorstellen, dass das Frauennachttaxi über kurz oder lang auch in Bochum eingeführt wird: „Wir sollten die Erfahrungen in Mannheim abwarten und das Thema mit der nächsten Änderung der Taxiverordnung aufgreifen.“
Da die Mobilität von Frauen in der Dunkelheit vor allem wegen der Gefahr sexueller Belästigung, Gewalt und Bedrohung stark eingeschränkt sei, wie es in einem Papier der Mannheimer Stadtverwaltung heißt, bzw. Frauen sich häufig unsicher fühlten, wenn sie in der Dunkelheit allein unterwegs sind, soll Taxifahren finanziell unterstützt werden. Mit sieben Euro bezuschusst Mannheim künftig jede Nachtfahrt mit einem Taxi, wenn Frauen bzw. Mädchen ohne Begleitung einer männlichen, älter als 14 Jahre alten Person unterwegs sind. Registriert und kontrolliert wird die Fahrt über eine App. Die Mindereinnahme bekommt der Taxiunternehmer von der Stadt bezahlt. Die stellt zunächst jährlich 25.000 Euro bis 2021 bereit und finanziert damit 3000 Fahrten sowie anfallende Sachkosten.
Heimwegtelefon und Begleit-Apps
So oder so ähnlich könnte auch eine Bochumer Variante aussehen. Aus Sicht der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt könnte es zumindest ein Baustein eines breiten Netzes sein. Sie verweist auf das bundesweite „Heimwegtelefon“ – ein Service, bei dem Frauen nachts anrufen können, wenn sie sich auf dem Heimweg unwohl fühlen – sowie auf Begleit-Apps, die helfen sollen, im Notfall schnell Hilfe rufen zu können. Auch die Bogestra sei mit ihren Angeboten Teil ein solchen Netzes, so Regina Czajka. So können Fahrgäste nachts die Bogestra-Fahrer bitten, ein Taxi zu jener Haltestelle zu bestellen, an der sie aussteigen wollen. „Außerdem halten unsere Busse nachts bei Bedarf auch zwischen zwei Haltestellen, wenn dadurch der Heimweg des Fahrgastes verkürzt wird“, so Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann. Beide Angebote gelten indes nicht nur für Frauen, sondern für alle Fahrgäste.
Wie groß der Bedarf für ein Frauennachttaxi in Bochum ist, ist ungewiss. „Vielleicht sollte man es einfach erst einmal mal für einen Winter oder für ein Jahr einführen, um zu sehen, wie hoch die Nachfrage ist“, schlägt Christian Weidmann vom Taxiverband vor. Überlegt werden sollte, ob Frauennachtaxis auch nur von Fahrerinnen gelenkt werden sollten.
Nur wenige Taxifahrerinnen fahren nachts
Bei Bochums bislang einzigem Frauennachttaxi sah es jedenfalls so aus. „Wir hatten bis Anfang des Jahres ein solches Angebot“, sagt Kornelia Heinrich, Geschäftsführerin von Taxi Wilhelmi. Allerdings habe sie im Moment keine Fahrerin, die auch nachts fahren wolle. „Es gibt überhaupt nur noch wenige Frauen, die das nachts machen wollen“, sagt Christian Weidmann, der auch dem Vorstand der Taxi Bochum eG angehört, einer Genossenschaft mit 60 angeschlossenen Taxiunternehmen. Am sichersten sei eine Fahrt auf jeden Fall, wenn sie vorher über eine Taxizentrale angefordert wurde und damit klar sei, welches Taxi ein Fahrgast besteige.
Dunkelfeldstudie des Landes
Wie groß die Unsicherheit von Frauen in Bochum ist, sich nachts allein im Stadtgebiet zu bewegen, ist schwer messbar. „Allerdings wird die Dunkelfeldstudie des NRW-Heimatministeriums zu diesem Thema auch in unserer Stadt durchgeführt“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte Regina Czajka. Erstmals wird in NRW eine repräsentative Befragung über Gewaltkriminalität – unabhängig vom Anzeigeverhalten der Opfer oder späteren Strafverfahren – durchgeführt und so das Sicherheitsempfinden erfasst. „Die Studie dient uns als Scheinwerfer, um das Dunkelfeld bei der Gewalt gegen Mädchen, Frauen, Jungen und Männern auszuleuchten“, so NRW-Ministerin Ina Scharrenbach (CDU).
Frauen in jedem fünften Fall betroffen
Konkrete Zahlen über Gewalt gegen Frauen im öffentlichen Raum gibt es für die Stadt Bochum nur wenige. Während die polizeiliche Kriminalstatistik für 2017 insgesamt 452 Fälle von Gewalt im öffentlichen Raum gegen Frauen ausweist – 374 Mal ging es dabei um Körperverletzung, 84 Mal sogar um schwere Körperverletzung –, fehlt eine solche Zahl für Bochum. „Nur so viel können wir sagen“, so eine Polizeisprecherin: „Etwa in jedem fünften Fall von Raub und schwerer Körperverletzung sind Frauen betroffen. Dieser Anteil ist seit Jahren ziemlich konstant.“