Köln. Die slowenische Band Laibach war die erste westliche Musikgruppe, die in Nordkorea aufgetreten ist. Jetzt kommen die Musiker nach Bochum.
Als die slowenische Industrial-Band Laibach, die für ihre militärisch gefärbten Cover-Interpretationen berühmter Rock- und Pop-Songs bekannt ist, als erste westliche Band überhaupt eine Einladung zu einem Konzert in Nordkorea erhielt, sprach plötzlich die ganze Welt über den Spagat zwischen Kunst und Zensur, der dabei nötig werden würde.
„Natürlich spüren wir die Aufmerksamkeit“, sagte Bandsprecher Ivan Novak jüngst am Rande eines nur mäßig besuchten Konzerts in Köln, „aber sie hat nicht den großen Effekt, dass viel mehr Leute unsere Shows besuchen“. Die Menschen und die Medien stünden Laibach traditionell skeptisch gegenüber, so Novak, „deswegen haben wir immer Probleme, wenn wir versuchen, ein größeres Publikum einzufangen.“
In Köln zeigte Laibach einen überzeugenden wie künstlerisch wertvollen Konzertabend mit beeindruckenden Video-Projektionen. Die Band spielte zum Teil Stücke, die sie in Nordkorea performte, Covers des „The-Sound-of-Music“-Musicals, mit dem sie schon beim „Krieg singen“-Festival in Berlin groß auftrumpfte, sowie Songs ihres jüngsten Albums „Spectre“, das auch die Kritiker überzeugte. Wer von Laibach eine klassische Hit-Setlist wie bei anderen Bands erwartet, liegt falsch. Generell ist die Combo dafür bekannt, Erwartungshaltungen mit voller Absicht nicht zu erfüllen.
Der Rest der Welt
In Nordkorea gab es dieses Problem aber nicht, sagt Novak: „Das Land ist einfach anders als der Rest der Welt. Das Publikum kam primär aus einem musikalisch-kulturellen Umfeld, gespickt mit einigen Diplomaten und ausländischen Gästen. Die Koreaner hatten solche Musik jedenfalls noch nie gehört, sie wussten also nicht, was sie davon halten sollten. Aber sie haben sehr höflich reagiert, nach jedem Song applaudiert. Am Ende der Show gab es sogar Standing Ovations. Aber vielleicht waren sie auch einfach nur froh, dass es vorbei war“, scherzt er.
Tatsächlich hat sich der syrische Botschafter nachträglich in diese Richtung geäußert. „Er sagte, er mochte die Show nicht sonderlich. Es war ihm zu laut, beinahe Folter.“ Choe Jong Hwan, ein älterer Besucher aus Korea, sagte hingegen hinterher: „Ich wusste gar nicht, dass solch eine Musik auf der Welt existiert. Jetzt aber weiß ich es.“
Zu weit vom Original entfernt
Zur koreanischen Kultur gehört aber auch Zensur, die Laibach am eigenen Leib erfahren haben, als zwei ihrer Titel kurzfristig aus der Setlist gestrichen wurden. „Wir waren auf umfassende Zensur vorbereitet“, sagt Bandsprecher Novak.
Hauptsächlich sei es den Zensoren um die Verwendung ihrer eigenen koreanischen Stücke gegangen, die im Laibach-Stil performt werden sollten. Außerdem missfielen koreanische Bilder, die in Laibach-Ästhetik aufgegriffen wurden. „Am Ende wurden wir gebeten, zwei der drei koreanischen Stücke, die wir vorbereitet hatten, herauszunehmen, weil sie zu weit vom Original entfernt waren. Sie sind sehr empfindlich, was ihre eigene Kultur betrifft und konnten solch einen Unterschied nicht ertragen.“
Ort und Zeitpunkt berücksichtigen
Auch zwei weitere, Nowak sagt: „aggressivere“ Laibach-Stücke sowie einige Videoprojektionen sollten am Abend nicht vorgeführt werden. „Aber sie haben vergessen, wie viel Subversion dann immer noch drin blieb, und das wurde auch von der internationalen Presse und den Diplomaten im Publikum registriert. Am Ende war das Konzert immer noch Laibach, vor allem wenn man den Ort und den Zeitpunkt berücksichtigt, an dem das Konzert stattfand.“ Das Kunsttheater in Pjöngjang liegt ganz in der Nähe des Sicherheitsministeriums. „Im Prinzip kann man Laibach nicht wirklich zensieren, besonders nicht in solch einer Location und in so einem Kontext wie dem, den es in Pjöngjang gab.“
Fans fiebern nun dem Auftritt in der Bochumer Christuskirche entgegen – Einschränkungen wie in Nordkorea wird es dort immerhin nicht geben. Aber Laibach.
Konzert „The Sound of Music“: Mittwoch, 6. April, 20 Uhr, Christuskirche Bochum, Platz des europäischen Versprechens 1. Tickets ab 30 Euro.