Rüsselsheim. Paukenschlag beim Rüsselsheimer Autobauer Opel: Karl-Friedrich Stracke hat Donnerstag seinen Rücktritt von seiner Position als Opel-Vorstandsvorsitzender und Präsident von General Motors Europe erklärt. Der Auto-Experte Bratzel bezeichnet den Stracke-Rücktritt als Rückschlag für Opel.

Karl-Friedrich Stracke ist am Donnerstag von seiner Position als Opel-Vorstandsvorsitzender und Präsident von General Motors Europe zurückgetreten. Er soll künftig Sonderaufgaben für GM übernehmen, teilte Opel mit. GM Vice Chairman Stephen Girsky wird die Geschäfte von GM in Europa kommissarisch leiten.

Die Suche nach einem Nachfolger für Karl-Friedrich Stracke habe bereits begonnen. Der Opel-Aufsichtsrat werde in Kürze einberufen, um einen kommissarischen Vorstandsvorsitzenden für Opel zu benennen, hieß es weiter. Ein Firmensprecher erklärte, GM-Chef Dan Akerson selbst habe Stracke die neuen Aufgaben angeboten. Gründe für den Wechsel an der Spitze nannte Opel nicht.

„Karl-Friedrich Stracke arbeitete unermüdlich und unter großem Druck, um dieses Geschäft zu stabilisieren. Wir sind dankbar, auf seinen Erfolgen aufbauen zu können. Wir schätzen die zahlreichen Beiträge Karl-Friedrich Strackes zum Erfolg von GM“, so GM Chairman und CEO Dan Akerson in einer Pressemitteilung.

Stracke stellte kürzlich Opel-Zukunftsplan vor

„Ich verlasse diese Position im Wissen, dass Opel/Vauxhall in eine gute Zukunft steuert – und freue mich, für GM andere Aufgaben zu übernehmen“, so der Kommentar von Stracke zu seinem Rücktritt. Er hatte erst vor kürzlich einen Zukunftsplan für den kriselnden Autobauer für die kommenden Jahre vorgestellt. Im Raum stehen derzeit weitere Werksschließungen und Massenentlassungen, um Opel nach Milliardenverlusten wieder profitabel zu machen.

Wie ein Opel-Sprecher sagte, ändert der Rücktritt Strackes nichts am kürzlich beschlossenen Zukunftsplan des Unternehmens. Vorgesehen sind demnach Investitionen in neue Automodelle, eine neue Strategie für die Marke Opel, den Autoverkauf sowie für den Export in andere Länder. Zudem will Opel Kosten für Autoteile, Modell-Entwicklung und in der Produktion senken. Eine Partnerschaft mit dem französischen Autokonzern PSA Peugeot Citroën, welche die US-Opel-Mutter General Motors (GM) Ende Februar besiegelte, soll Vorteile im Einkauf, der Entwicklung und bei der Logistik bringen.

Opel-Betriebsrat dankt Stracke für "Arbeit und Engagement"

Stracke (56) wurde im Januar 2012 zum Präsidenten von General Motors Europe ernannt. Seit April 2011 war er Vorstandsvorsitzender der Adam Opel AG und damit verantwortlich für das weltweite operative Geschäft von Opel/Vauxhall. Stracke führte das Traditionsunternehmen auf den Weg zu einer nachhaltigen Profitabilität inmitten eines massiven wirtschaftlichen Abschwungs in Europa.

Opel-Betriebsratsvorsitzender Wolfgang Schäfer-Klug dankte Stracke für "Arbeit und Engagement". Er forderte, "den eingeschlagenen Weg der Konsolidierung des Unternehmens gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern im gegenseitigen Vertrauen fortzusetzen".

NRW-Wirtschaftsminister Duin kritisiert überraschenden Wechsel an Opel-Spitze

Die NRW-Landesregierung, die derzeit mit dem Autobauer Opel über die Zukunft des Bochumer Opel-Werkes verhandelt, reagiert irritiert auf den überraschenden Rücktritt von Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke. "Was Opel am Dringendsten braucht, ist Vertrauen. Solche überraschenden Personalwechsel tragen nicht dazu bei", sagte NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) der "Rheinischen Post" (Freitagausgabe). Vom Stracke-Nachfolger, den das Unternehmen noch nicht gefunden hat, erwartet Duin, "dass auch der neue Opel-Chef nach Lösungen sucht, die dem Standort Bochum eine Zukunft geben".

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) pocht angesichts des Wechsels an der Opel-Spitze auf die Einhaltung bestehender Verträge: "Mir wurde im Mai zugesichert, dass der Traditionsstandort Rüsselsheim in seiner jetzigen Form erhalten bleibt," erklärte Bouffier am Donnerstag in Wiesbaden.

Darüber hinaus habe ihm der jetzt zurückgetretene Karl-Friedrich Stracke zugesagt, die Produktion des Opel Astra bleibe bis mindestens Ende 2014 im Stammwerk in Hessen. Die neuen Chefs müssten "ohne Abstriche" zu den Zusagen stehen, damit die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Das Opel-Werk Rüsselsheim sei eines der modernsten weltweit und identitätsstiftend für Stadt und Region. Bouffier kündigte an, sich rasch mit dem kommissarischen Leiter Stephen Girsky treffen zu wollen.

Auto-Experte Bratzel sieht Stracke-Rücktritt als Rückschlag für Opel

Der Rücktritt von Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke ist für Auto-Experte Stefan Bratzel eine "sehr schlechte Nachricht" für den Hersteller. Für die Sanierung des Autobauers sei dies ein "Rückschlag", sagte der Leiter des Center of Automotive an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach am Donnerstag der Nachrichtenagentur dapd.

Bratzel sagte, er sei "aus allen Wolken gefallen", als er von dem Rücktritt gehört habe. Er habe noch vor wenigen Wochen mit Stracke gesprochen, und dabei sei dieser "fest davon überzeugt gewesen", die Opel-Sanierung zum Erfolg zu führen. Der Auto-Experte kann sich vorstellen, dass der Mutterkonzern General Motors (GM) nun das Sanierungskonzept wieder aufschnüren und schärfere Maßnahmen ergreifen werde. "Es könnte sein, dass man die Kapazitäten schneller abbauen wird", sagte Bratzel. Zuletzt waren vorzeitige Werksschließungen noch ausgeschlossen worden. (we/rtr/afp/dapd)