Bochum. Polizeihauptkommissar Rolf Greulich (62) geht in den Ruhestand. Er hatte die Abteilung für Feststellung und Ahndung von Verkehrsverstößen geleitet.
„Unfälle passieren nicht. Unfälle werden verursacht. Und wir bekämpfen die Ursachen.“ Auf solche feinen Unterschiede legt Rolf Greulich wert. Viele Jahre hat der Erste Polizeihauptkommissar den Verkehrsdienst geleitet, die Abteilung, die alle Arten von Verkehrsverstößen im Visier hat, sie aufspürt und sanktioniert. Nun geht der Mann, der im Kollegium vereinzelt „Verkehrspapst“ genannt wurde, in den Ruhestand.
120.000 Verkehrsverstöße pro Jahr werden im Bereich der Polizei Bochum (mit Herne und Witten) entdeckt – zusätzlich zu den Fällen, die die Stadt feststellt, und der wohl astronomisch hohen Dunkelziffer. Früher war er bei der Kripo, sagt der 62-Jährige, aber die jetzige Aufgabe sei „die spannendste und herausforderndste“ in seiner 40-jährigen Polizeilaufbahn gewesen.
„Ignoranz, Gedankenlosigkeit und Selbstüberschätzung haben zugenommen“
Greulich ist ein Mann der Kommunikation, kein reiner Bestrafer. Deshalb mag er auch das Wort „Verkehrssünder“ nicht; er spricht von „Betroffenen“. Noch an Ort und Stelle versucht er, Einsicht zu säen: „Ich möchte vermitteln, dass wir nicht über eine Lappalie reden, obwohl die geringe Höhe der Verwarnungsgelder das manchmal vermuten lässt. Wir reden über Verkehrsverstöße, die so gefährlich sein können, dass Menschen ihr Leben verlieren können. Da reicht es nicht aus, nur zu sagen, ‘Sie haben sich falsch verhalten, das kostet 15, 25, oder 30 Euro’; man muss erklären, was daran so gefährlich ist.“
Die große Mehrheit der Bochumer Autofahrer, sagt Greulich, fährt anständig. Aber daneben gibt es die „Risikogruppen“: „Ignoranz, Gedankenlosigkeit und Selbstüberschätzung haben zugenommen.“ Als krasses Beispiel nennt er einen Fall aus Altenbochum: Da hatte ein Autofahrer sein Kind auf dem Schoß und eine Cola-Dose und ein Handy in der Hand. Gelenkt hatte er mit den Knien.
Greulich plädiert eindeutig für eine möglichst weite Ausdehnung der Tempo-30-Zonen, für die Einführung einer verpflichtenden Fahrtauglichkeitsprüfung „ab einem gewissen Alter“ und für verschärfte Tempokontrollen. „Minister kommen und gehen. Aber ich hoffe, der Blitzmarathon bleibt.“ Er weiß, dass diese 24-Stunden-Aktion umstritten ist. Aber er glaubt, dass allein die kontroverse Diskussion die Autofahrer zum Nachdenken anregt. „Entwicklung gibt es nur im Spannungsverhältnis“, sagt der „Verkehrspapst“.
Selbst ist er übrigens auch schon mal aufgefallen, gesteht er: Zehn km/h war er zu schnell. 15 Euro musste er zahlen. Weitere 15 Euro gab er in die Kaffeekasse seiner kontrollierenden Kollegen, weil sie ihren Job gut gemacht hätten.