Bochum. Bochum stelle sein Licht nach wie vor unter den Scheffel. Im WAZ-Gespräch fordert Mario Schiefelbein, neuer Chef von BO-Marketing, mehr Selbstbewusstsein ein.

Kaum hier, schon wieder fort: Am 1. März nahm Mario Schiefelbein auf dem Chefsessel von BO-Marketing Platz. In dieser Woche machte er sich zur Tourismusmesse ITB in Berlin auf. Zuvor hatte WAZ-Redakteur Jürgen Stahl die Gelegenheit, mit dem neuen Stadtwerber zu sprechen.

Löningen, Hameln, Spiekeroog, Gotha: Ade Kleinstadt, willkommen in der Großstadt!

Mario Schiefelbein (lacht): Na ja, zumindest Hameln und Gotha gehen als Mittelstadt durch. Und meine Arbeit war durchweg erfolgreich; ich habe viel gelernt und kenne das Geschäft. Aber Sie haben Recht: Die Aufgabe in Bochum ist für mich eine große Herausforderung. Ich bin bekennender Workoholic. Wenn nötig, arbeite ich sieben Tage durch. Mein 22-köpfiges Team ist prima. Die ziehen alle mit.

Was waren Ihre ersten Assoziationen mit Bochum?

Schiefelbein: Die Klassiker: Starlight Express. Der VfL. Grönemeyer. Das Schauspielhaus. Seit ich wusste, dass ich nach Bochum wechseln werde, habe ich mich intensiv informiert. Seither weiß ich: Die Assoziationen waren richtig. Aber Bochum hat viel mehr zu bieten.

Wie fällt Ihre erste Bestandsaufnahme aus?

Schiefelbein: Der Titel Kulturhochburg des Reviers ist mehr als verdient. Großartig, wie hochwertig und vielfältig die Kultur auch abseits von Schauspielhaus und Ruhrtriennale aufgestellt ist. Das Musikzentrum wäre ein weiterer Leuchtturm. Das ist für Stadtwerber enorm wichtig. Kultur befördert den Tourismus. Genau das ist mein Ziel: die Übernachtungszahlen in der Hotellerie und die Umsatzzahlen im Handel erhöhen. Das will ich liefern. Daran werde ich von den 50 Gesellschaftern gemessen.

Welche Schattenseiten haben Sie ausgemacht?

Schiefelbein: Bochum hängt noch immer einem Graue-Maus-Image nach. Das zeigt sich besonders bei der Wissenschaft. Die Universität, die Hochschulen und der Gesundheitscampus sind ein riesiges Pfund, mit dem Bochum bundesweit wuchern kann. Die Marke „UniverCity“ ist ein erster Schritt. Doch Bochum stellt sein Licht noch viel zu häufig unter den Scheffel.

Wie bewerten Sie die Veranstaltungen, die von BO-Marketing organisiert bzw. begleitet werden?

Schiefelbein: Mein Vorgänger Matthias Glotz hat gute Arbeit geleistet. Wie ich höre, sind Veranstaltungen wie der Musiksommer oder der Weihnachtsmarkt Erfolgsformate. Die will ich aber nicht nur verwalten. Ich will Pakete schnüren, mehr Kunden aus Holland nach Bochum holen. Ich will als Motor und Moderator Neues wagen, besser werden: nicht nur bei den Events, sondern auch bei unserem Online-Auftritt, für den ich eine eigene Redaktion plane. Mein Leitspruch: Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken.

Bettensteuer, Streichung von verkaufsoffenen Sonntagen, Knastausbrüche, Kultur-Einsparungen: Die jüngsten Bochumer Schlagzeilen dürften einen Stadtwerber nicht eben jauchzen lassen.

Schiefelbein: Ich habe das genau verfolgt und manches bedauert. Der Ratsbeschluss zu den Sonntagen stand in Gotha in der Zeitung. Ich wurde gefragt: „Da wollen Sie hin?“ Für mich sind schlechte Schlagzeilen ein Ansporn. Bochum ist eine tolle Stadt. Nur: Da draußen wissen das noch zu wenige.

Werden Sie selbst Bürger dieser „tollen Stadt“?

Schiefelbein: Wir bereiten gerade den Umzug nach Wiemelhausen vor. Wir: Das bin ich, meine Frau Wiebke und unser Labrador Boston. Meine Frau ist überglücklich, bald wieder in einer Großstadt zu leben.