Bochum. Ein Vergleich soll herausstellen, wie sich Hauptschulen (vergeblich) gegen den Niedergang ihrer Schulform stellen. Unsere Autoren haben in die Katholische Hauptschule Lenneplatz und in die Werner-von-Siemens-Schule geblickt.
Ein deutscher Sportwagen-Hersteller spendet der Werner-von-Siemens-Hauptschule ein neues Doppelkopplungsgetriebe aus einem ihrer Edelautos. Beinahe scheint es, als ob der Autobauer das Lehrerkollegium einer Schulform, die dem öffentlichen Bild nach dem Untergang geweiht ist, mit dem teuren Motorteil für ihre engagierte und nachhaltige Arbeit krönen möchte.
Dem Negativbild der Haupt- als „Restschule“ setzen die Werner-von-Siemens-Lehrer den Ruf einer „Kümmerschule“ entgegen, und das liegt in hohem Maße an ihrem pädagogischen Selbstverständnis. Wenn Rektor Hans-Erhard Wodara und sein Kollege Ralf Schomann von ihrer Arbeit erzählen, wird einem schnell klar, dass sie nicht nur Lehrer sind, sondern auch Sozialarbeiter und Gesprächstherapeuten. Und das sie es gerne sind. „Es geht uns darum, Gewaltprävention zu betreiben, für die Schüler da zu sein, ihnen Perspektiven zu verschaffen und Sinn zu stiften“, erzählt Schomann. „Wir wollen nicht nur, dass die Kinder den Satz des Pythagoras lernen, sondern dass sie auf das Leben vorbereitet werden“, fügt Wodara hinzu.
In der Chor oder zur Streitschlichtung
Das Betreuungsangebot beginnt bereits um 7.15 Uhr. Der Kunsttherapeut Michael Kirch ist eine Stunde vor Unterrichtsbeginn vor Ort. Für die Klassen fünf bis acht gibt es eine Ganztagsbetreuung. Bis 15.15 Uhr können sie an einer der vielen Arbeitsgemeinschaften teilnehmen, können ihre Mitschüler am Schachbrett herausfordern oder sich bei „Sozialen Studien“ um die Altenheim-Bewohner des Wichern-Hauses kümmern. Außerdem gibt es einen Chor, eine Theater-AG und Streitschlichtungskurse.
Schülerzahl in den letzten Jahren konstant
27 Kinder haben sich im Zuge der Anmeldungen für die weiterführenden Schulen vor einigen Wochen für diese Hauptschule entschieden. Das sind so viele wie für keine andere Bochumer Hauptschule. Die Schülerzahl hält sich in den letzten Jahren konstant bei 400, Tendenz eher steigend.
Und dennoch habe die Hauptschule, befeuert von den Debatten in der Öffentlichkeit, keine Zukunft, erzählt Wodara. „Diejenigen, die in einer kleinen Schulform wie der Hauptschule am besten aufgehoben sind, kann man aber nicht abschaffen.“ Für Kinder, die ein umfassendes Betreuungsangebot benötigen, sehen Wodara und seine Kollegen die Gemeinschaftsschule als besonders geeignet. Sie haben ein Konzept entworfen, dass die pädagogische Obhut bereits vom Kindergarten bis zur zehnten Klasse vorsieht. Die Institutionen sollen dabei verstärkt kooperieren, um die Schüler möglichst nahtlos und erfolgreich zu ihrem Abschluss zu führen.