Bochum. Tung-Chieh Chuang wird 2021 Generalmusikdirektor in Bochum. Sein jetzt absolvierter Gastauftritt im Musikforum wurde mit Spannung erwartet.

Am 8.10. um 10 nach 8 – soviel Zahlengeklingel sei erlaubt – begann bei den Bochumer Symphonikern die neue Ära, die mit dem Namen Tung-Chieh Chuang verbunden ist. Just zu dieser Stunde hob der designierte Generalmusikdirektor im Anneliese-Brost-Musikforum Bochum den Taktstock zum Einstieg in Francis Poulencs „Sinfonietta“. Zwar ist der taiwanesische Künstler erst ab nächsten Sommer für den Chefposten gebucht, aber natürlich wurde sein Gastspiel in dieser Woche schon mal als ernsthafte Generalprobe wahr genommen.

Nimmt man den begeisterten Applaus des Publikums im (coronabedingt 500 Plätze) nicht ganz ausverkauften Großen Saal, ist der neue Mann herzlich willkommen. Das mag mit dem Vertrauenszuschuss zu tun haben, den man dem 38-jährige Musiker als Nachfolger des beliebt-bewährten Steven Sloane gewährt, der 2021 nach 27 Jahren seinen Abschied nimmt. Vor allem aber dürfte es mit der künstlerischen Klasse zu tun haben, die Chuang im Laufe des Abends aufblitzen ließ.


Von Nervosität nichts zu spüren

Auf dem Programm standen neben Poulencs heiter-sinfonischem Bravourstück Johannes Brahms‘ schwergewichtiges 1. Klavierkonzert d-moll op. 15. Zumal in diesem zweiten Teil zeigt Chuang, was er wert sein dürfte, wenn er noch weiter zulegen kann. Von großer Nervosität war jedenfalls nichts zu spüren, von übermäßigem Respekt vor Johannes Brahms auch nicht. Schon der donnernd-wuchtige Einstieg in den 1. Satz gelang ungemein dynamisch und war fesselnd ausgestaltet, die zarten Streicherpassagen, die präzisen Bläser im weiteren Verlauf waren es nicht minder (Konzertbesprechung hier).

Ganz starke Orchesterleistung

Leicht(er) gemacht hatte Tung-Chieh Chuang seine mit Spannung erwartete Vorstellung an neuer Wirkungsstätte sicher das Orchester, die Musiker waren auf den Punkt konzentriert und lieferten wieder einmal eine ganz starke Ensembleleistung ab. Man darf gespannt sein, wie Chuang den Klangkörper in Zukunft entwickeln und nach seinen Vorstellungen formen wird. Der Boden, den Steven Sloane bereitet hat, ist jedenfalls bestellt.

Eine Klasse für sich war Herbert Schuch. Der Pianist wurde für sein mal verträumtes, mal nachdenkliches, mal zupackendes Spiel mit trampelndem Applaus gefeiert. Die Frage „Lieben Sie Brahms?“ braucht man diesem Künstler wohl nicht zu stellen, Schuch bewies es mit jeder Nuance seines Spiels. Starker Auftritt, starker Ausdruck. Mit dem traumschönen Adagio aus Beethovens „Pathétique“-Sonate als Zugabe entließ Schuch das Publikum beseelt in die verregnete Bochumer Nacht.

Coronabedingte Einschränkungen

Die Applausordnung, die Eingangsmodalitäten, das Anstehen auf markierten Punkten an der Kasse, die Begrüßung der Musiker per Ellenbogen-Check, die allgegenwärtigen Masken auf der Bühne, im Foyer, im Publikum, die erst nach Konzertbeginn abgenommen werden dürfen: Der Konzertablauf war Pandemiebedingt nicht gerade das, was man von einem Klassik-Abend gewohnt ist und erwartet. Gleichviel, solange die musikalische Qualität so hoch ist wie in diesem Fall, ist das zu verschmerzen.

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