Mitten im Bermudadreieck sind die Sportler des TV Wattenscheid zur Höchstform aufgelaufen.Sie haben am Wochenende in 24 Stunden 430,23 Kilometer auf einem Laufband zurückgelegt
Eigentlich ist er ja nicht gerade ein Nachtmensch, der Europameister braucht seinen Schlaf. Aber besondere Aktionen verlangen besonderen Einsatz. Also drückte Jan Fitschen zu einer Zeit, in der er sonst beide Augen zu macht, ein Auge zu und führte sein Läuferteam hellwach zum Weltrekord. Und der ging so: 24 Stunden, zwölf Läufer abwechselnd auf einem Laufband, mitten im Bermudadreieck, auf der Bühne am Konrad-Adenauer-Platz, von Samstag 14 Uhr bis Sonntag 14 Uhr. Dann war es geschafft: 10 000-Meter-Experte Jan Fitschen ließ die Korken knallen und verteilte Schampus auf den Köpfen seiner Laufkollegen vom TV Wattenscheid.
Der alte Weltrekord, den Läufer aus Ohio aufgestellt hatten, lag bei 421,24 km in 24 Stunden, die Wattenscheider haben nach ersten Hochrechnungen 430,23 km zurückgelegt. Das ist so weit wie von Bochum bis zur Ostsee.
Als Bürgermeisterin Gaby Schäfer am Samstag um 14 Uhr auf der Bühne den Startschuss abfeuerte, hatten die Zuschauer kurz Bedenken, ob das mit dem Weltrekord wirklich hinhauen würde. Den ersten beiden Läufern, Jan Fitschen und Claudius Hoff, perlte zunächst der Schweiß ähnlich intensiv das Gesicht runter, wie es Stunden später der Schampus tun sollte. "Es ist heiß hier auf der Bühne. Das liegt an den Scheinwerfern", sagte Claudius Hoff. Der Langstreckenspezialist des TV Wattenscheid hatte zusammen mit seinem Teamkollegen Alexander Lubina die Idee zu der Aktion. Und er hatte auch die Idee, nach wenigen Stunden einen Ventilator vor das Laufband zu stellen. "Jetzt läuft es richtig gut", sagte ein weiterer Sportler, nämlich Christoph Lohse. Da war es schon 3.15 Uhr mitten in der Nacht. Und da zeichnete sich ab: Das wird was mit dem Weltrekord.
Während es am Samstag nachmittags und abends sowie am Sonntag zum Endspurt vor der Bühne richtig voll war, verirrten sich nachts nur vereinzelte Nachtschwärmer auf den Konrad-Adenauer-Platz. Einer von ihnen verharrte sagenhafte sechs Stunden, nur um Jan Fitschen in Aktion zu sehen. Den hatte er knapp verpasst, also wartete er bis zum frühen Sonntagmorgen auf den nächsten Einsatz des Europameisters. Jeder Läufer stieg zwölf Mal auf das Laufband.
Die Bochumer Fußball-Europameisterin Annike Krahn sah sich das alles lieber mit einem kleinen Sicherheitsabstand an: "Laufen ist nicht so mein Ding und auf dem Laufband schon gar nicht." Aber auch die Herren von der Leichtathletikabteilung mussten sich an das Laufband-Gefühl erst gewöhnen. Ausgerechnet nachts kamen sie dann richtig gut in Fahrt. "Unsere Nachtschicht hat tolle Arbeit geleistet", lobte Jan Fitschen nach dem gelungenen Weltrekord. Und - ja - er hatte zwischendurch doch kurz beide Augen zumachen können.