Bochum. Gute Bedingungen im Vorjahr führten dazu, dass viele Jungköniginnen Kolonien bilden konnten – das ist ausgezeichnet für die Natur.

Ob an der Lieblingseisdiele in der Stadt, beim Bäcker vor der Haustür oder im eigenen Garten: Überall begegnen wir derzeit Wespen. Sie lassen nicht locker, fliegen behände um die Speisen und ins Gesicht. Häufig sieht man Leute, die schreiend wegrennen, aus Angst, gestochen zu werden. Müssen sie gar nicht, sagt der Biologe Thomas Eltz von der Ruhr-Universität. Die Sommer-Quälgeister würden selten stechen, ihr Vorteil sei „gigantisch.“

In den letzten Wochen staunten nicht wenige über das beachtliche Vorkommen der Insekten. Tatsächlich befänden wir uns in einem „guten Wespenjahr“, sagt Eltz. Aber in Panik geraten müssen wir nicht. Wir müssen der gelb-schwarzen Gesundheitspolizei nur ihren Platz lassen.

Wespen stechen nur, wenn sie bedroht werden

„Sie stechen eigentlich nur, wenn ihr Nest in Gefahr ist. Das ist die einzige Möglichkeit, die sie zur Verteidigung haben“, erklärt Eltz. Ihn hätte es in zwanzig Jahren nicht erwischt.

Zweifelsohne sticht die soziale Faltenwespe, die Art, die uns über den Pflaumenkuchen gebeugt belästigt, zu, wenn sie um ihr Leben fürchten muss. Aber das täte auch jedes anderes Lebewesen.

Der subjektive Eindruck, in diesem Jahr mehr Wespen um sich zu haben, trügt nicht. Aber das liegt nicht an diesem Sommer, dementiert der Biologe. Von Bedeutung seien der Frühling wie der Winter und der letzte Sommer. Diese Vorgeschichte bestimmt darüber, wie viele Jungköniginnen geboren und überlebt haben, um neue Kolonien zu bilden. Von einem Nachteil würde der Forscher im Leben nicht sprechen. Wespen sind Räuber und Aasfresser, sie vernichten Tierleichen und verrottetes Obst: „Sie stellen eine Art Gesundheitspolizei dar.“

Kammerjäger haben viel Arbeit

Dennoch klingelt bei Schädlingsbekämpfer Martin Vogeler täglich das Telefon. „Wir haben ein sehr starkes Wespenjahr. Letztes Jahr waren es deutlich weniger Einsätze.“ Problematisch seien nicht nur die Wespen. Der „gemeine Baumarktaktivist“ versucht mit simplen Mitteln, die Nestlöcher zu verstopfen. Das gehe selten gut und werde den Fliegern nicht gerecht: „Wespen fressen hunderte Insekten.“ Torpedieren die geflügelten Schlemmer das Grillfest, kann Vogeler nur raten, die Speisen zuzudecken. Hätte er ein sicheres Gegenmittel, er würde es morgen patentieren lassen und eine griechische Insel kaufen, lacht Vogeler.

Auch „Profi-Killer“ Frank Kraus von der Killtek Schädlingsbekämpfung gibt Entwarnung: „Das ist jetzt ganz normal. Es beginnt die berühmt-berüchtigte Pflaumenzeit.“ Neben den heimischen Gärten sind Wespen derzeit Dauergäste in der Bäckerei. Die ungebetenen Kunden vertilgen ungeniert den Kuchen. „Das ist nicht appetitlich. Aber da kann man nichts machen“, seufzt Franz-Josef Wickenburg, Senior-Chef der ältesten Familien-Bäckerei in Bochum.

Kalte Umschläge bei Stichen

Sollte es trotzdem zu einem Stich kommen, empfiehlt Dr. Sandra Doetker, Leiterin der zentralen Notaufnahme des St.-Elisabeth-Hospitals, den Stachel zu entfernen und rasch zu kühlen. „Meistens gibt es nur eine örtliche Reaktion. Dann reichen feuchte Umschläge.“ Ein mit Mineralwasser getränkter Lappen hilft schon. Rezeptfreie Antihistamin-Tabletten können ebenfalls Linderung verschaffen.