Bochum.. Anfangs brauste der Bus an der Haltestelle vorbei. Zurück blieb die verdatterte Carolyn Holz, die erst später erfuhr, „dass man hier die Hand ausstrecken muss, damit der Bus anhält“. Inzwischen kennt die 23-Jährige diese und weitere britischen Eigenarten – als erste BO-Marketing-Praktikantin in der englischen Partnerstadt Sheffield.

1950 wurde die Freundschaft zwischen Bochum und Sheffield offiziell besiegelt. In den letzten Jahren köchelte sie auf Sparflamme. Mario Schiefelbein will das ändern. Der Bochum-Marketing-Chef möchte den deutsch-englischen Städtetourismus neu befeuern.

Carolyn Holz ist derzeit als Charme-Botschafterin im Einsatz. Seit zwei Jahren erlernt die Langendreerin bei BO-Marketing den Beruf der Kauffrau für Tourismus und Freizeit. Seit Ende Juli absolviert sie ein einmonatiges Praktikum bei den Marketing-Profis in der mit 520.000 Einwohnern viertgrößten Stadt Englands. Die Stiftung Bildung und Handwerk deckt einen Teil der Kosten.

Am ersten Tag fand Carolyn Holz keinen Anschluss. In ihrem angemieteten Apartment musste sie „schockiert feststellen, dass es in England andere Steckdosen gibt als in Deutschland. Somit hatte ich keine Chance, mein Handy zu laden; auch der Akku meines Laptops verabschiedete sich“.

Besuch bei der Bürgermeisterin

Schnell war ein Adapter besorgt. Und auch der Kontakt zu den netten Kolleginnen und Kollegen in der Tourist-Info (mit zahlreichen deutschen Besuchern) war fix hergestellt.

Erstaunlich findet Carolyn, „dass hier auch Vorgesetzte meistens mit Vornamen angesprochen werden, wenn man auch nur im weitesten Sinne mit ihnen beruflich zu tun hat. Ich frage mich, ob das bei uns auch so möglich wäre, ohne Probleme zu verursachen? Hier fühlt es sich selbstverständlich und in Ordnung an. Vielleicht aber nur deshalb, weil sich in der englischen Sprache nicht die Frage nach dem ,du’ oder ,Sie’ stellt“.

Besuch der Ausstellung „100 Jahre Stahl in Sheffield“ in der Millennium Gallery, Spaziergänge durch den Norfolk Heritage Park, Gang zur Glocke, die Bochum seiner Partnerstadt einst schenkte: Neben ihrem Job im Marketingbüro bleibt Carolyn Zeit, Sheffield zu entdecken. Sogar ein Besuch bei der Bürgermeisterin Vicky Priestley stand schon auf dem Programm. Enttäuscht ist sie nur vom Nationalgericht Fish & Chips. „Es war ein total fettiger Fisch mit ungesalzenen, schwabbeligen Pommes. Nach ein paar Gabeln habe ich es meiner Vermieterin angeboten, die es gerne annahm.“

Wahre Freunde müssen ja nicht alles mögen.