Bochum. Die Standorttreue spielt vor allem beim familiengeführten Unternehmen eine große Rolle. IT-Branche, Gesundheitsbranche, Werbung, Beratung, Ingenieure und Architekten sind als Arbeitgeber „ganz wichtige Bringer“ in Bochum. Ein Gespräch zum Thema Mittelstand mit Christoph Burghaus (IHK).
Mittelstand – mit dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittleres Ruhrgebiet, Christoph Burghaus, hat WAZ-Redakteur Andreas Rorowski über dieses Thema gesprochen.
Wie lässt sich Bochums Mittelstand beschreiben?
Christoph Burghaus: Man spricht von einem Mittelständler, wenn ein Unternehmen weniger als 500 Beschäftigte hat. Aber diese Definition passt nicht immer. Denn es gibt Unternehmen wie die Sparkasse. Von der Beschäftigtenzahl her ist es zwar ein Großunternehmen, aber es ist regional verankert, und das ist absolut typisch für den Mittelstand. Dieses Beispiel mach deutlich, dass es Grenzbereiche gibt. Oder nehmen wir die Eickhoff-Gruppe.
Das ist eine klassische mittelständische Unternehmensgruppe, ob 500 Beschäftigte oder nicht. BP/Aral ist da schon wieder etwas anderes. Das ist ein Konzern. Wir reden als IHK in Bochum über rund 16 000 Unternehmen. Die meisten Unternehmen sind mittelständisch geprägt. Und das sind bis auf wenige Ausnahmen kleine oder mittlere Unternehmen.
Aus welchen Sektoren?
Burghaus: Was die IHK-Mitgliedschaft betrifft, die umfasst nicht die Handwerksbetriebe und die freien Berufe, sondern die der IHK zugehörigen gewerblichen Unternehmen, dann sind ungefähr 9 Prozent Industrie, 34 Prozent Handel und 58 Prozent Dienstleistungsgewerbe.
Ist das der Trend oder Bochums Chance: weniger Industrie und mehr Dienstleistung?
Burghaus: Es gibt eine starke Tendenz zum Dienstleistungsgewerbe, was allerdings nicht zu dem Fehlschluss verleiten sollte, wir als IHK setzten ausschließlich auf die Dienstleistung. Wir müssen uns weiterhin als Industriestandort verstehen. Das ist das Credo dieses Hauses, dass wir versuchen, die Industrie zu stützen. Wir brauchen sie ganz dringend, sie ist die Basis für wirtschaftliche Aktivitäten.
Wir sind eine Industrieregion, wir waren eine Industrieregion und wir wollen auch versuchen, weiter eine Industrieregion zu bleiben. Seit 1980 haben wir 45 000 Arbeitsplätze verloren. Im Wesentlichen sind das Rückschläge, die wir durch die Großindustrie haben erleiden müssen. Der Dienstleistungsbereich ist gewachsen durch die vielen kleinen mittelständischen Unternehmen, die hinzu gekommen sind; in der IT-Branche, in der Gesundheitsbranche, in der Werbung und Beratung sowie im Bereich Ingenieure und Architekten. Das sind ganz wichtige Bringer.
Oft sind mittelständische Unternehmen in Familienbesitz. Das garantiert trotz der Standorttreue aber keinen Dauerbestand am Ort, oder?
Burghaus: Die Unternehmen werden übertragen von einer Generation auf die nächste, in der Regel sorgt das für Stabilität, auch was die Beschäftigtenzahl angeht. Ein Nachfolger rekrutiert sich aber nicht zwangsläufig aus dem familiären Umfeld, das geht heute weniger als früher. Früher wurde eine familieninterne Weiterführung des Betriebs noch eher als Verpflichtung verstanden. Aufgrund der neuen Herausforderungen hilft die IHK bei der Suche nach Unternehmensnachfolgern. Es ist eine klassische Aufgabe einer Industrie- und Handelskammer, Angebot und Nachfrage an einen Tisch zu bekommen.
- Zum Artikel "Mittelstand als Wirtschaftsmotor"