Dass Sami Khedira vielleicht doch nicht richtig fit wird, egal. Dass Brasilien Heimvorteil hat, na und? Das interessiert Metin Tolan (49) nicht. Er weiß, dass Deutschland in diesem Jahr Fußball-Weltmeister wird. Er hat es errechnet, der Physik-Professor der Technischen Universität Dortmund. Zu 20,33 Prozent trifft das ein sagt er und muss dann hinzufügen: „Der große Rest ist Daumen drücken.“ War ja klar.
20,33 Prozent. Immerhin. Tolan aber hat es eben nicht geschätzt, vermutet, sondern mit belegbaren Zahlen ermittelt. Wie genau, das erklärt er den Schülern der Hildegardis-Schule, die ihm am Wissenschaftstag der Schule im Zeiss Planetarium lauschen dürfen. Tore spielen eine große Rolle. „Wenn zu viele Tore fallen“, hat er ermittelt, „hat die schwächere Mannschaft weniger Chancen.“ Radioaktivität ist ebenso dabei. Dass Glück und Zufall wichtig sind, verschweigt er nicht. Erst bricht er eine Lanze für die Schiedsrichter und ihre Assistenten, „die innerhalb kürzester Augenblicke Entscheidungen treffen müssen, die mit bloßem Auge kaum zu sehen sind. „Die Frage ist daher nicht, warum sie immer mal wieder einen Fehler machen, sondern, warum sie so wenige Fehler machen.“ Schließlich hält er fest, dass aus seiner Sicht jegliche Technik zur Überprüfung, ob ein Ball im Tor war, überflüssig ist: „Weil man dann die Emotionalität verloren gehen würde, und die ist wichtig beim Fußball. Mathe und Physik aber liefern Ergebnisse.“
Dieses zum Beispiel. „Die Torverteilung einer normalen Bundesliga-Runde gleicht einer Poisson-Verteilung. Das ist eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, mit der die Anzahl von Ereignissen modelliert werden kann, die mit konstanter Rate und unabhängig voneinander in einem festen Zeitintervall oder räumlichen Gebiet eintreten.“ In so einer Verteilung wird auch der Zerfall von radioaktivem Material dargestellt. In diesem WM-Titel-Fall zählte er die Tore der beteiligten Mannschaften in der WM-Quali, ermittelte den Mittelwert. Mit diesen Werten spielte er am Computer die WM durch. Das Team, das einen höheren Torquotienten hat, gewinnt. Er machte das nicht einmal, nicht zehnmal, sondern 100 000 Mal. Das Ergebnis ist eindeutig: England und Bosnien-Herzegowina spielen Platz drei aus, England gewinnt. Deutschland trifft im Finale auf die Niederlande, Weltmeister wird Deutschland. Schön wäre es und Tolan noch etwas bekannter. Wobei er seinen Bekanntheitsgrad demnächst wieder wird teilen müssen. In Oberhausen werden angeblich schon wieder Kraken ausgesucht, die Spielergebnisse vorhersagen.