Bochum. „Schreib mal wieder“, wirbt die Deutsche Post. „Gerne“, antworten WAZ-Leser – vermissen aber ausreichend Briefkästen im Stadtgebiet.
„Bochum ist auf dem Weg, eine Großstadt ohne Briefkästen zu werden“, sagt ein Anwohner vom Drusenberg und beklagt: „Nicht nur in unserer Gegend wurden Kästen abgebaut. Inzwischen muss ich weite Wege zurücklegen, um meine Post einzuwerfen.“
Ein Kilometer ist das Maximum. Alle 1000 Meter muss die Post in Wohngebieten eine Gelbe Box vorhalten. So schreibt es die Dienstleistungsverordnung vor. „Im Bundesdurchschnitt liegen wir mit 500 Metern deutlich unter dieser Maßgabe“, erklärt Postsprecher Achim Gahr auf Anfrage. Für die Stadt Bochum sei die Kasten-Dichte nochmals deutlich günstiger: „Die Distanzen bewegen sich zwischen 320 Metern in der Innenstadt und 390 Metern in weniger dicht besiedelten Ortsteilen wie Stiepel.“
Abbau als "subjektiver Eindruck"
Zuletzt hatte es im Jahr 2003 Proteste von Bürgern und Politikern gegeben, nachdem die Post u.a. in Langendreer, Stahlhausen und Linden Briefkästen abmontiert hatte. Begründung: die hohen Wartungskosten und der sinkende Anteil der Privatpost. „Jeder sollte mal überlegen, wann er zuletzt einen Brief geschrieben hat“, hieß es damals in der Postzentrale.
Von einem weiteren Abbau, wie ihn WAZ-Leser jetzt kritisieren, könne seither aber keine Rede sein. Achim Gahr spricht von einem subjektiven Eindruck. „Es passiert immer wieder, dass ein Briefkasten entfernt wird – meist, weil der Haus- und Grundstückseigentümer keine Genehmigung mehr erteilt. Übersehen wird dabei oft, dass ein Kasten in der Nähe an anderer Stelle neu angebracht wird.“
„Qualität ist wichtig“
Bundesweit habe die Post ihren Service sogar ausgebaut, die Zahl der Briefkästen in den letzten Jahren von 108.000 auf 110.000 erhöht. Zahlen für Bochum nennt das Unternehmen nicht. „Für die Kunden ist sie nicht von Interesse“, meint Achim Gahr. „Ihnen ist nicht die Quantität, sondern die Qualität – also die Entfernung – wichtig.“ Dabei könnten die Bochumer nach wie vor auf ein dichtmaschiges Versorgungsnetz zurückgreifen.
Wo der nächstgelegene Briefkasten steht, verrät das Internet. Unter www.postfinder.de können die Nutzer ihre Adresse eingeben. Binnen Sekunden erscheinen die Standorte der zehn Briefkästen in der näheren Umgebung mitsamt der Leerungszeiten.
Während die Post im Multimedia-Zeitalter an ihren Briefkästen festhält, sind die öffentlichen Telefone der Telekom erheblich reduziert worden. Bundesweit, teilt Telekom-Sprecher George-Stephen McKinney mit, seien noch rund 60 000 Anlagen in Betrieb.
„Der Kunde entscheidet“
Lokale Daten teilt auch die Telekom nicht mit. „Eine solche Erhebung würde zu viel Mühe machen.“ Generell gelte: Der Kunde entscheide über einen öffentlichen Fernsprecher. „Wird ein Apparat ein Jahr lang nicht ausreichend genutzt, verschwindet er“, so McKinney. Seit 2008 sollen deutschlandweit über 20 000 Telefonanlagen abgebaut worden sein.
Probe aufs Exempel
Stimmt die Behauptung der Deutschen Post, nach der jeder Bochumer maximal 390 Meter zum nächstgelegenen Briefkasten zurücklegen muss? Machen Sie die Probe aufs Exempel – und schreiben Sie an die WAZ-Redaktion, Huestraße 25 in 44787 Bochum.