Bochum.. Auch nach der Aufsichtsratssitzung sind die Mitarbeiter des Nirosta-Werkes in Bochum verunsichert. Zwar hat die IG Metall eine Vereinbarung ausgehandelt, die unter anderem betriebsbedingte Kündigungen ausschließt, doch die Unsicherheit bleibt.
Die Mitarbeiter des Bochumer Nirosta-Werkes sind auch nach der Aufsichtsratssitzung verunsichert. Den Hammer wollten einige Mitarbeiter sofort fallen lassen, als sie vor genau einer Woche zum ersten Mal davon hörten, dass der Thyssen-Krupp-Konzern seine Edelstahlsparte abzustoßen möchte. Seit 36 Jahren arbeitet der gelernte Stahlwerker und jetzige Betriebsrat Udo Beckmann (54) bei dem Konzern. Er versteht die Welt nicht mehr: „Wir stehen hier noch alle unter Schock.“
Sein Betriebsratschef Frank Klein (43) kämpft mit den Tränen. Schon sein Vater und auch sein Großvater schafften bei Krupp: „Ich kann mir heute noch gar nicht vorstellen, einmal nicht mehr unter den drei Ringen zu arbeiten.“ Dabei galt das Bochumer Edelstahlwerk an der Essener Straße bislang stets als ein sicherer Standort. Mit seiner Kapazität von bis zu 800.000 Tonnen Edelstahl im Jahr arbeitet es im engen Verbund mit dem benachbarten Warmbreitband-Werk von Thyssen-Krupp-Stahl. Monat für Monat schmelzen die 485 Mitarbeiter bis zu 65.000 Tonnen Stahl.
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"Einschneidende Schritte"
In dem unmittelbar nach der Aufsichtsratssitzung vom Freitag verbreiteten Brief des Vorstandchefs Dr. Heinrich Hisinger, das handschriftlich mit „Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ beginnt, werden die „einschneidenden Schritte“ konkreter erläutert.
Bitter stößt es den beiden Betriebsräten auf, dass ihr traditionell im Sommer stattfindender Familientag in diesem Jahr mit dem Hinweis abgesagt worden war, dass es im nächsten Jahr ein rundes, ein einhundertjähriges Jubiläum zu feiern gebe. „Am 17. Oktober 1912 meldete die Firma Fried. Krupp, Essen, beim Reichspatentamt in Berlin die ‘Herstellung von Gegenständen, die hohe Widerstandskraft gegen Korrosion erfordern...’ zum Patent an. Eine kaum für möglich gehaltene Erfolgsgeschichte begann.“ (Original Nirosta-Werbetext)
Der Informationsbedarf ist riesig
Zum Feiern ist nun ohnehin niemandem zumute. In gut einer Woche hat die IG Metall ins Gewerkschaftshaus zu einer außerordentlichen Belegschaftsversammlung geladen. Am 25. Mai, soll über die neuen Entwicklungen berichtet werden, der Informationsbedarf ist riesig. Nach Informationen der WAZ haben Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz und der Bochumer Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer (SPD) ihre Teilnahme zugesagt.
Thyssen Krupp spart
Wie sehr Udo Beckmann an die Zukunft des Edelstahls bei Nirosta geglaubt hat, lässt sich daran ablesen, dass auch sein 21-jähriger Sohn jetzt im Werk arbeitet, eine Ausbildung dort begonnen hat. „Wir fühlen uns doch total verschaukelt. Es ist so, als ob Dir plötzlich jemand den Boden unter den Füßen wegzieht.“