Bochum. Obdachlose leiden besonders unter Corona. Die Diakonie in Bochum weitet die Hilfe aus: Aus einem Altenzentrum wird ein Heim für Wohnungslose.

Das Diakonische Werk in Bochum erweitert die Hilfe für Obdachlose. Im ehemaligen Seniorenpflegeheim Zillertal an der Stembergstraße in Riemke entstehen Quartiere für wohnungslose Frauen und Männer mit psychischen Erkrankungen. „Wir wollen ihnen ein Zuhause geben“, sagt Christiane Caldow, Leiterin der Wohnungslosenhilfe der Diakonie.

Nicht nur in der Innenstadt gehören sie zum täglichen, mitunter verstörenden Bild: Befremdlich wirkende Menschen, die trotz Kälte mit freiem Oberkörper unterwegs sind, scheinbar grundlos umherschreien oder sonst wie auffällig sind. „In aller Regel sind sie völlig harmlos. Sie leiden unter seelischen Einschränkungen, ohne irgendjemandem etwas Böses zu wollen. Das wissen auch die Ordnungsbehörden“, betont Christiane Caldow.

Obdachlose in Bochum: Wohnheim heißt jetzt „Die Villa“

Als große Herausforderung begreift sie den Versuch, diese als besonders schwierig geltende Personengruppe zu erreichen, sie gerade jetzt im Corona-Winter von der Straße zu holen, ihr ein Obdach und eine Perspektive auf fachärztliche Therapie zu geben. Die Aufgabe des Altenheims in Riemke bietet diese Chance. Der 50er-Jahre-Bau genügt nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen, die einen Einzelzimmeranteil von 80 Prozent vorsehen. Schon seit einem Jahr ist klar: Das Seniorenzentrum wird geschlossen. Die 45 Bewohner kommen in anderen Heimen der Diakonie unter, u. a. in Stiepel.

Die Umbauarbeiten laufen: Die Diakonie (hier Adrian Neagu) nutzt ihr ehemaliges Seniorenzentrum an der Stembergstraße ab Januar 2021 als Wohnheim für Obdachlose.
Die Umbauarbeiten laufen: Die Diakonie (hier Adrian Neagu) nutzt ihr ehemaliges Seniorenzentrum an der Stembergstraße ab Januar 2021 als Wohnheim für Obdachlose. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Das neue Konzept trägt einen schmucken Namen: „Die Villa“. In einem ersten Schritt werden zwölf Doppelzimmer zu Einzelzimmern umgestaltet: acht für Männer, vier für Frauen, ausgestattet mit Bett, Kleiderschrank, Waschbecken und Kühlschrank. Die Obdachlosen, respektvoll „Gäste“ genannt, haben hier dauerhaft ihr eigenes Reich, ihren eigenen Schlüssel. Diese Individualität und Selbstbestimmtheit, ohne Angst vor Übergriffen oder Diebstählen, sei ganz wichtig, weiß Christiane Caldow. Ebenso wie die Lage des Gebäudes, naturnah, dezentral, aber nicht weit von der Innenstadt entfernt.

Start ist am 15. Januar geplant

Die Kosten und der Aufwand für den Umbau halten sich in Grenzen. Bereits am 15. Januar 2021 ist die Eröffnung geplant. „Pension plus“ heißt die erste Wohngruppe. Fünf Vollzeitstellen werden eingerichtet. Die Finanzierung übernimmt der Landschaftsverband. Die Betreuung erfolgt rund um die Uhr – auch als Folge eines Lernprozesses. Im Frühjahr, beim ersten Corona-Lockdown, gab es im Fliednerhaus an der Castroper Straße eine 24-Stunden-Versorgung. Die Resonanz war gut. Was die Diakonie zuversichtlich stimmt, dass ein 24/7-Angebot in einer Gemeinschaftseinrichtung sehr wohl angenommen wird.

Die ersten Bewohner für „Die Villa“ stehen bereit. Der Sozialpsychiatrische Dienst hat sie angesprochen und ausgewählt. „Schwerstkranke Menschen“, wie Christiane Caldow berichtet. Sie zeigt sich im WAZ-Gespräch sicher: „Es wird gelingen.“

Stadt bringt „Kälte-Konzept“ auf den Weg

Das neue Diakonie-Projekt fügt sich ein in das „Kälte-Konzept“, das die Stadt mit den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege in Bochum auf den Weg gebracht hat. Es sieht u. a. Corona-Schnelltests in den Einrichtungen für Obdachlose sowie Notfallplätze in den Räumen der ehemaligen Graf-von-der-Recke-Schule in Hamme mit einem Bus-Pendelservice aus der Innenstadt vor.

+++ Nachrichten aus Bochum direkt aufs Handy: Hier geht es zum WAZ-Newsletter +++