Bochum. Im Schatten der Dampfloks fährt seit 60 Jahren auch ein Dieselfahrzeug über die beschauliche Strecke zwischen Dahlhausen und Hagen. Bei knapp 50 km/h geht es gemütlich zu. Der Schienenbus verkehrt von Mai bis Oktober und bietet viel Kolorit für Nostalgie-Fans.

Er steht ein wenig im Schatten der großen Dampflokomotiven, die viel spektakulärer aussehen. Doch der „Schienenbus“, der ebenso wie die Stahlrösser auf der heimeligen Strecke der „Ruhrtalbahn“ unterwegs ist, hat sehr viel mehr Fahrgäste. Während die Dampflok nur einmal monatlich startet, bricht der Schienenbus sechsmal pro Woche zu seinen gemütlichen Ausflugsfahrten zwischen Bochum-Dahlhausen und Hagen Hbf auf.

Der Name beschreibt das Fahrzeug von ganz allein: Es sieht aus wie ein normaler Bus, nur dass er auf Schienen fährt. Und vorne und hinten jeweils zwei Puffer hat. Außerdem gibt es kein Lenkrad, sondern nur ein paar Schalthebel. Dafür läuft der Antrieb wie beim Straßenbus: mit zwei Dieselmotoren (je 150 PS). Was den Schienenbus aber noch viel besonderer macht: Er ist fast 60 Jahre alt - und fährt immer noch.

Das reine Fahren ist simpel

„Das macht richtig Spaß, eine tolle Sache“, sagt Lokführer Sönke Windelschmidt. Der 50-jährige Mülheimer ist Bauingenieur, fährt den Schienenbus aber nebenbei, als großer Eisenbahnfreund, der auch im Eisenbahnmuseum Dahlhausen aktiv ist. Natürlich besitzt er auch einen Lokführerschein, um die ganze Signaltechnik und Sicherheit zu beherrschen. Das reine Fahren hingegen sei simpel. „Das ist wie Autofahren“, sagt Windelschmidt zum Reporter. „Wenn ich Ihnen das zeige, in fünf Minuten können Sie das.“

Besitzer des Schienenbusses ist die „Ruhrtalbahn GmbH“. Von Mai und 19. Oktober schickt sie ihren dreiteiligen Bus (Trieb-, Steuer- und Beiwagen mit insgesamt 140 Plätzen) meist immer freitags und sonntags jeweils dreimal auf die 36 Kilometer lange Strecke durchs beschauliche Ruhrtal: von Dahlhausen über Hattingen, Witten-Süd und Wetter bis Hagen. Außer der Ruhrtalbahn fährt sonst nur ab und zu ein Güterzug über diese bis Wengern-Ost nur eingleisige Strecke. Der Fahrgast hält an elf Zwischenstationen, die teilweise so klein und verlassen sind, dass sie fast gar nicht als solche erkennbar sind.

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Das passt freilich zu dem Zug selbst, der ja ebenfalls historisch ist. Selbst die Innenausstattung ist original. Statt „WC“ steht „Abort“ über der Toilette, und der Boden besteht teilweise aus Holzdielen. Das Tempo ist ebenfalls altbacken: Im Schnitt tuckert der Bus mit 50 km/h durchs Tal. Dazu bietet das Bahn-Personal (natürlich mit Fahrkarten-Knipser) Getränke und Snacks an. Und Souvenirs gibt’s auch an Bord: zum Beispiel eine Schaffner-Mütze für 11,90 Euro. Außerdem meldet sich unterwegs regelmäßig eine Lautsprecher-Stimme, die Wissenswertes über die Wegstrecke erklärt.

Bis ins Jahr 2000 noch im Einsatz

Ab den 50er-Jahren fuhren rund 500 Schienenbusse deutschlandweit, meist auf Nebenstrecken. Der letzte seiner Art war planmäßig etwa im Jahr 2000 im Einsatz. 20 Exemplare gibt es heute noch, darunter das aus Dahlhausen. Windelschmidt fährt den Oldtimer nicht nur, er repariert und wartet ihn auch - teilweise ehrenamtlich.

Die Betriebskosten sind gleichwohl ziemlich happig. Pro Kilometer muss die Ruhrtalbahn 3,20 Euro an die Gleisnetzbetreiber zahlen, das ist die RVR-Tochter „Tourismus Eisenbahn-Ruhrgebiet“ (TER). Mit den Bahnhofsgebühren in Hagen, Sprit- und Personalkosten kommt man auf rund 1400 Euro pro Fahrtag.

Wer es sich leisten kann, für den fährt der Schienenbus auch außer der Reihe, exklusiv: Dann sind rund 1300 Euro fällig - für nur einmal hin und zurück.