Bochum. Der Geschäftsführer eines privaten Krankentransport-Unternehmens wirft dem städtischen Rettungsdienst eine zu lange Hilfsfrist vor. Dem setzt die Feuerwehr andere Zahlen entgegen. Der Unternehmer hat trotzdem eine Petition an den Landtag geschickt.

Wähle 112 und die Rettung naht. Die Frage ist nur: Wie schnell? „Auf jeden Fall zu langsam”, sagt Udo Pokowietz. Der Geschäftsführer des privaten Krankentransport- und Rettungsdienstes Sani-Car kritisiert die Rettungsfrist in Bochum. Die Stadt Bochum gebe eine Zeit von zehn Minuten vor, die der Rettungswagen zur Verfügung habe vom Eingehen des Notrufs bis zum Erscheinen am Einsatzort. „In allen anderen Städten in Nordrhein-Westfalen beträgt die Hilfsfrist acht Minuten, das sieht der Gesetzgeber auch so vor”, sagt Pokowietz. Seiner Meinung nach sei in Bochum die Hilfsfrist rechtswidrig auf zehn Minuten verlängert worden. Für ihn ein Unding, das ihn so sehr ärgert, dass seine Firma, Sani-Car, eine Petition an den Landtag gerichtet habe.

Um es mal so zu sagen: Vom Brüderschaft trinken sind der Rettungsdienst für die Stadt Bochum und Sani-Car derzeit weit entfernt. Auch wenn beide Seiten betonen, keine emotional aufgeladene Diskussion führen zu wollen, so werden sie sich auch nicht unbedingt ins Abendgebet einschließen wollen.

Durchschnittszeit laut Feuerwehr: 6 Minuten 24 Sekunden

Dr. Christoph Hanefeld nennt folgende Zahl: „6 Minuten und 24 Sekunden.” Das sei die Zeit, die die städtischen Rettungsfahrzeuge von Januar bis Ende September durchschnittlich bis zum Einsatzort benötigt hätten. Dieser Durchschnittswert sei aus insgesamt 14.096 Einsätzen im gesamten Stadtgebiet ermittelt worden. „Diese Zahl spricht für sich”, sagt der ärztliche Leiter des Bochumer Rettungsdienstes.

Auf der anderen Seite sagt eine Statistik, die dem Unternehmen Sani-Car vorliegt, aber aus, dass im Jahr 2006 beispielsweise die Zehn-Minuten-Hilfsfrist nicht immer eingehalten werden konnte. In 90,25 Prozent der Fälle seien die Retter innerhalb dieser Frist am Einsatzort gewesen, in knapp zehn Prozent der Fälle habe es also länger gedauert. In anderen Städten funktioniere das besser, schneller.

Feuerwehrchef Dirk Hagebölling kennt die Kritik von Sani-Car: „Das ist für mich nichts Neues. Dahinter steht, dass das Unternehmen gerne mit eingebunden werden möchte und von dem profitieren will, was über die öffentliche Hand finanziert wird.” Hagebölling betont, dass die Zehn-Minuten-Hilfsfrist in Bochum als Kompromiss eingeführt worden sei.

Die Entscheidung hänge mit der Beschaffenheit des Bochumer Stadtgebiets zusammen: „Im Kerngebiet treffen unsere Wagen in weniger als sieben Minuten ein.” Aber es gebe eben auch ländliche Bereiche von Stiepel, die Gegend rund um den Kemnader See oder Teile von Linden, die so schnell nicht immer zu erreichen seien. Dortmund beispielsweise habe sich wegen einer ähnlichen Beschaffenheit zwei Fristen gesetzt: acht Minuten für die stadtnahen Vororte, zwölf Minuten für Randgebiete. „Wir haben uns auf den Kompromiss von zehn Minuten verständigt, um keine Unterschiede zwischen den Teilen von Bochum machen zu müssen”, sagt Hagebölling. Das sei vom Ministerium auch so abgesegnet worden.

Neue Wache führe zur Entspannung der Lage

Der Feuerwehrchef geht davon aus, dass der Bau einer neuen Rettungswache an der Hattinger Straße die Situation weiter entspanne und zu einer schnelleren Versorgung des Südwestens führe. Noch stehe die Zustimmung des Rates zu den Bauplänen aus. Da dieser Punkt auf der Prioritätenliste aber weit oben liege, geht der Feuerwehrchef davon aus, dass die neue Einrichtung bald eröffnet werden könne.