Bochum. Den Sommer über ist im Kunstmuseum die Ausstellung „Frühe Fotos / Späte Schäden“ von Johannes Brus zu sehen. Er feiert zur Eröffnung seinen 70. Geburtstag
Nashörner ruhen gravitätisch und Löwenrudel entspannt, Pferde schreiten respektheischend, Elefantenköpfe scheinen auch schon mal zu schweben. Die Skulpturen von Johannes Brus beeindrucken oft unmittelbar. Seine Kunst fordert das Publikum heraus. Die Ausstellung „Frühe Fotos / Späte Schäden“ versammelt viele Fotoarbeiten und Skulpturen des in Gelsenkirchen geborenen Künstlers, der am Tag der Ausstellungseröffnung, am Samstag, 2. Juni, seinen 70. Geburtstag feiert.
Markenzeichen: Nashörner
Die lange geplante Einzelausstellung des in Essen-Werden arbeitenden Brus ist aber keine Retrospektive. Es sind zwar Werke zu sehen, die längst zum Markenzeichen dieses Künstlers geworden sind - wie die schon genannten Nashörner - doch die Schau folgt einem klaren Konzept. Diesem Nachzuspüren ist interessant, eröffnet es doch abseits der sinnlichen Wucht des skulpturalen Werkes, viele Spuren und Verweise in die neuere und ältere Kunstgeschichte.
Frühe Fotos im Geiste des Fluxus
Im Erdgeschoss der Ausstellung sind vor allem die „Frühen Fotos“ gehängt. Hier ist der junge Künstler zu erleben, der frisch von der durch den 68-Geist durchwehten Akademie kommt, und lustvoll mit dem Medium Fotografie experimentiert. So entstehen experimentelle Bilder: Überblendungen und Übermalungen, Gegenstände werden ersetzt oder zum Schweben gebracht. Assoziativ, prozessual, fließend. Der Geist von Fluxus durchweht(e) die Werke.
Allgegenwärtige Ironie
Die Leistung der Ausstellung an der Kortumstraße ist es, dass sie offenlegt, wie die hier fotografisch formulierten Ideen später mittels Skulpturen aufgegriffen und ausformuliert worden sind. Der allgegenwärtigen Ironie im Brus-Kosmos ist es geschuldet, dass sich das im Ausstellungstitel als „Späte Schäden“ definiert findet.
Spezieller Humor und regionale Besonderheit
Aber auch das verweist nicht nur auf einen speziellen Humor, sondern auf regionale Besonderheiten. Wo anders als im Ruhrgebiet, kennt man sich mit Spätschäden der Industrialisierung aus? Auch mit ihrer Ambivalenz: in den Ruinen der Industriekultur, auf Zechen und in Fabriken, blüht heute die Kunst. Die industrielle Vergangenheit der Region ist stets wiederkehrendes Thema. Mal dient ein Thyssen/Krupp-Gelände als Bildhintergrund, mal treffen Werkstücke oder schierer Schrott auf künstlerisch geformtes. Ein Elchkopf und ein Fliehkraftregler haben eben strukturelle Ähnlichkeiten. Es musste nur ein Künstler hinsehen, jetzt sehen wir es auch.
Alles mit allem
Nach diesem Prinzip verbindet Brus alles mit allem. Franz Marc und das Blau taucht immer wieder auf, er zitiert Albrecht Dürers „Melancolia“ und in einer Fotoarbeit findet sich eine Andeutung einer Brancusi-Form.
Eine Ausstellung, die reichlich Gesprächsstoff liefert.