Bochum.. Hintergrund sind Probleme mit alten Straßenbahnen. Aufsichtsrat gab Weg für eine der größten Einzelinvestitionen in der Geschichte der Bogestra frei.
Auf einer Sondersitzung beschloss der Aufsichtsrat der Bogestra einen Investitions-Kraftakt von 200 Millionen Euro. Mit dem Geld sollen vorzeitig 42 neue Straßenbahnen angeschafft werden. Die Bahnen sollen als Ersatz für die seit Wochen nur noch im Schneckentempo von 30 Stundenkilometern fahrenden sogenannten NF6D-Bahnen angeschafft werden.
Nach einem Unfall in Gelsenkirchen im letzten Jahr und dann Ende Januar waren Risse in einer Achse des Einzelradfahrwerks festgestellt worden. Ebenfalls Bestandteil dieses außerplanmäßigen Beschaffungsprogramms ist der Kauf von zusätzlichen sechs U-Stadtbahnwagen, die die Flotte von derzeit 31 Fahrzeugen auf dieser zum Teil bis zur Belastungsgrenze ausgelasteten Verbindung von Herne zur Ruhr-Universität verstärken sollen. Bogestra-Aufsichtsratsvorsitzende Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz: „Es gibt keine Alternative zu dieser Investition.“
Finanzvorstand bemüht sich um Zuschüsse
Es muss schnell gehen. Noch in dieser Woche will die Bogestra die europaweite Ausschreibung für den Kauf von 42 neuen Straßenbahnen, zuzüglich einer Option für acht weitere Bahnen diesen Typs und die Anschaffung von sechs U-Stadtbahnwagen starten. Die gewaltige Kaufsumme, eine der größten Einzelinvestitionen in der Geschichte des Unternehmens, soll über mehrere Jahre verteilt werden, um die Haushalte von Gelsenkirchen und Bochum nicht zu sehr zu belasten.
Die ersten neuen Straßenbahnen sollen bereits im kommenden Jahr die letzten etwa 2022 ausgeliefert werden. Bogestra-Finanzvorstand Andreas Kerber: „Wir hoffen nun auf Fördermittel, insbesondere vom Land.“ Er habe in den letzten Tagen bereits etliche Gespräche zum Thema Finanzierung geführt. Kerber ergänzte, dass in der Kaufsumme, die Kosten für den derzeit aufwändig umgekrempelten Betriebsablauf, weil die Bahnen nicht in der tatsächlichen Geschwindigkeit und Kapazität fahren können, nicht enthalten seien. Sie belasteten den Haushalt des Verkehrsunternehmens pro Jahr mit rund einer Millionen Euro, Hinzu kommen die Kosten für den Austausch der problematischen Einzelradfahrwerke.
Campuslinie U 35 wird fit gemacht
Eine Oberhausener Spezialfirma brauchte für zwei Fahrwerke (also eine Bahn) derzeit rund fünf Wochen. Die Kosten für den Umbau, also die Ausstattung mit neuen geschmiedeten Achsen, betragen pro Fahrwerk 17 000 Euro. Nach der Umrüstung sollen diese Bahnen wieder auf der Linie 308/318 eingesetzt werden. Vorbehaltlich einer Prüfung durch die technische Aufsichtsbehörde, dürfen sie danach wieder Geschwindigkeiten von bis zu 50 Stundenkilometer fahren.
Um die U-35-Campuslinie, eine der meistbefahrenen U-Stadtbahnlinien mit rund 90.000 Fahrgästen pro Tag, fit zu machen, beschloss der Aufsichtsrat außerdem, die 25 älteren Fahrzeuge auf dieser Strecke in den kommenden Jahren zu modernisieren. Die alten Wagen seien von der Substanz her in Ordnung. „Aber gerade durch die Erweiterung des Gesundheitscampus und der baldigen Eröffnung der neuen Haltestelle am Biomedizinpark kommen wir auf dieser Strecke an die Grenze der Belastbarkeit“, so Bogestra-Personalvorstand Gisbert Schlotzhauer. Die alten U 35-Wagen sind 25 Jahre alt und haben jeweils rund 2,3 Millionen Kilometer Fahrstrecke auf dem Buckel.
Bogestra-Betriebsrats-Vorsitzender Dieter Schumann kündigte an, mit dem Unternehmen aufgrund der jetzigen Situation neu über die Personalplanung verhandeln zu wollen. „Gerade die rund 200 Mitarbeiter im Schienfahrzeugbereich leisten hervorragende Arbeit. Jede Nacht überprüfen sie jetzt sämtliche betroffene Bahnen.“