Bochum. Unternehmen an der Hattinger Straße in Bochum sind über die Bauarbeiten und geplanten Maßnahmen verärgert. Sie wollen dagegen energisch vorgehen.

Die Sorgen sind groß: Vor dem Ausbleiben von Kundschaft, Anlieferproblemen, fehlenden Parkplätzen, vor Lärm, Umsatzeinbrüchen und Stromausfällen. Bei den Unternehmen, die an der Hattinger Straße ansässig sind – Fleischerei über Bäcker, Second-Handladen bis Friseur – lösen die aktuellen Bauarbeiten Existenzängste aus.

Geschäftsleute haben große Bedenken

Entsprechend groß war das Interesse, als Bestatter Christian Sternemann die rund 40 betroffenen Unternehmen kontaktierte und ein gemeinsames Treffen vorschlug. „Etwa die Hälfte hat starkes Interesse bekundet, nur konnten nicht alle kommen“, berichtet Sternemann beim ersten Planungstreffen in der Meinolphus-Kirche. Man wolle eine Gesprächsplattform schaffen, um Fragen und Vorschläge zu sammeln. „Wir reichen sie dann an die Verantwortlichen der Stadt weiter“, so der Initiator.

Umfangreiche Maßnahme

Zur Erinnerung: Die Bauarbeiten zur Umgestaltung an der Hattinger Straße, in deren Zuge alte Schienen entfernt und ein neues Oberflächenentwässerungssystem geschaffen werden soll, sind bereits gestartet. Der erste Bauabschnitt liegt zwischen Grottenstraße und Kleiner Ehrenfeldstraße. Schon jetzt simuliert die Baustelle die künftige Verkehrssituation: Denn die Hattinger Straße wird zugunsten beidseitiger Radwege für Autofahrer einspurig, ein Grünstreifen soll in der Mitte angelegt werden.

Jede Menge offene Fragen

„Ich sehe das sehr kritisch“, sagt Jörg Haarmann von der Fleischerei Haarmann. Schon jetzt seien die Umsätze zurückgegangen – die Sommerferien und die Coronakrise belasteten die Firmen zusätzlich. „Vor allem die künftige Parksituation macht uns Sorge“, sagt er weiter und fragt: „Wenn ein Radweg neben den Parkstreifen kommt, daneben eine Autospur und der Grünstreifen – wo sollen dann Anlieferfahrzeuge halten?“ Eine extra Anlieferzone halte er für wenig sinnvoll, da sie weitere Kundenparkplätze koste und sich nicht sicherstellen lasse, dass sie auch nur als solche genutzt werde. Sternemann ergänzt: „Es soll ohnehin über zehn Parkplätze weniger geben als jetzt – das ist genau die falsche Richtung.“

Auch Rosi Schmidt-Annaberg vom Second-Hand-Laden „Tausch-Rausch“ hat jede Menge offene Fragen: „Was passiert, wenn ein Löschzug der Feuerwehr passieren muss? Soll dann der gesamte Autoverkehr auf den Radweg ausweichen?“ Friseurin Annett Wlodarczyk vom Salon „Aufgebrezelt“ hat dazu schon Beschwerden gehört: „Meine Kunden berichten, dass die Krankenwagen nun durch die Seitenstraßen fahren und dort die Anwohner stören.“


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Außerdem: „Radfahrer berichten mir, dass sie die Hattinger Straße ohnehin nicht nutzen, weil sie das Fahren durch die Seitenstraßen als sicherer empfinden. Ein Radweg auf der Hattinger Straße entspricht also vielleicht gar nicht dem Bedarf“, merkt sie an. Auch Schmidt-Annaberg, selbst beherzte Radfahrerin, übt Kritik: „Den geplanten Trenn-Bordstein zwischen Rad- und Autospur halte ich für gefährlich, wenn man etwa aufgerissenen Autotüren ausweichen muss.“

Umsatzausfälle befürchtet

Haarmann interessiert: „Ließe sich die Umgestaltung wieder rückgängig machen, wenn sie nicht angenommen wird?“ Landschaftsbauer Gerhard Pöhler fürchtet das Schlimmste: „Viele Geschäfte werden kaputtgehen“, sagt er. Dass sie auf Entschädigungszahlungen wegen Umsatzausfällen hoffen können, glauben die Unternehmer nicht.

Kritik an Informationspolitik der Stadt

Was alle ärgert: Sie fühlen sich von der Stadt schlecht informiert, im Planungsprozess außen vor gelassen. Das hatte auch schon Raumgestalter Knut Gördel in einem Bericht im Juli beklagt. „Ich habe im vergangenen Jahr beim Tiefbauamt nachgefragt, mir wurde eine Bürgerversammlung angekündigt – die hat es nie gegeben“, beschwert sich Wlodarczyk.

„Unsere Ideen hätten wir gerne viel früher eingebracht“, sagen die Unternehmer einstimmig. Dazu gehört etwa der Vorschlag, den Grünstreifen durch einen Fahrradweg in der Mitte zu ersetzen oder mehr Parkplätze zu schaffen. Nun hoffen die Unternehmer, dass ihre Klagen Gehör finden und die Stadt die Maßnahme überdenkt. Denn an einen Standortwechsel will niemand von ihnen denken – zu viele Unternehmen sind schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts im Ehrenfeld.

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