Langendreer/Witten.. Zahlreiche Langendreerer besuchen die Schule am Sonnenschein in Witten. Die Stadt Witten aber will auswärtige Schüler nicht mehr finanzieren und die Stadt Bochum stattdessen mit zur Kasse bitten. Hunderte Schüler haben nun mit Eltern und Lehrern den Wittener Ratssaal aufgemischt.


Hunderte Schüler der Adolf-Reichwein-Realschule Witten haben jetzt mit Eltern und Lehrern den Wittener Ratssaal aufgemischt. Dort wurde zwar nicht über das Schicksal ihrer Schule verhandelt, wohl aber über die Zahl der künftigen Eingangsklassen. Zwei statt bisher drei sollten es ab 2015/16 nur noch sein. Am Ende gingen die Schüler vom Sonnenschein als vorläufige Gewinner vom Feld.

Mit bunt bemalten Transparente waren sie zum Rathaus gekommen: „Never change a winning team!“ stand da auf blauer Pappe. Oder, origineller: „Ich bin ein BO-Schüler. Lasst mich hier rein!“ Das brachte die ganze Problematik auf den Punkt: Weil die klamme Stadt Witten die auswärtigen Schüler – ca. 60 kommen über die Stadtgrenze aus Langendreer – nicht mehr finanzieren will, sollte die Schule laut Beschlussvorschlag der Verwaltung ab dem kommenden Schuljahr nur noch zwei statt drei Eingangsklassen bilden – was erbitterten Protest hervorrief.

Schuldezernent Frank Schweppe zeigte sich trotz des geballten Unmuts und vieler Reichweinschüler im Rücken relativ unbeeindruckt. Er machte deutlich, dass ihm die Realschule sehr am Herzen liegt, habe er sie doch an diesem Standort „erfunden“. An diesem „schönen Angebot“ will der Erste Beigeordnete weiter festhalten – wohlgemerkt für Wittener Schüler. Er führte ins Feld, dass die Stadt insgesamt für 550 auswärtige Schüler aufkommen müsse und dafür keinen finanziellen Ausgleich bekomme. Kritik übte der Dezernent, dass Schüler und Eltern jetzt hier im Rathaus zwar „eine Sause machen“, im Vorfeld das Gespräch mit ihm aber nicht gesucht hätten.

SPD-Fraktionschef Thomas Richter war es dann, der die Kuh als Erster vom Eis holte. Er schlug einen Kompromiss vor: Die ganze Angelegenheit für ein Jahr schieben, während der Bochumer Schulausschuss gleichzeitig prüft, ob die anfallenden Fahrtkosten nicht übernommen werden könnten. Man solle der Bochumer Politik, mit der im Vorfeld Gespräche geführt wurden, doch Gelegenheit geben, ihren guten Willen zu zeigen, sagte Richter und sprach sich – wie am Ende der gesamte Rat bei einer Gegenstimme und sieben Enthaltungen – dafür aus, ein Jahr lang nicht an der Zahl der Eingangsklassen (drei) zu rütteln.

Lieselotte Dannert (Grüne) sprach sich für eine Schulpauschale für solche Städte aus, die ihre Schüler nach Witten schicken. Für sie lautet die entscheidende Frage: „Entlastet uns Bochum oder nicht?“ Wie auch immer: Die Reichwein-Realschule bleibt erst einmal dreizügig. Jubel im Ratssaal.

„Zumindest ein Etappensieg“


Zufrieden verließen Eltern, Schüler und Lehrer der Adolf-Reichwein-Realschule den Ratssaal. Die Schule bleibt vorerst dreizügig, kann auch im nächsten Schuljahr wieder drei Eingangsklassen bilden.

„Das ist okay, zumindest ein Etappensieg“, sagte Angelina (16), die selbst aus Langendreer kommt. Von einem „vollen Erfolg“ würde die Zehntklässlerin erst dann sprechen, „wenn alle Bochumer bleiben dürfen“. Eine Mutter meinte: „Hätte schlimmer kommen können.“

Die Schule hatte alles und jeden auf die Beine. Dazu zählte auch Haustechniker Andreas Kmoke. Der 50-Jährige ist optimistisch, dass im nächsten Jahr endgültig im Sinne der Adolf-Reichwein-Schule entscheiden wird. „Dann sind wir ja schon wieder ein Stückchen näher an den Wahlen dran.“ Es sei den Kindern aus Langendreer doch nicht zuzumuten, nach Bochum zu fahren, um zu einer Realschule zu gehen. Oder noch weiter: Die nächste bilinguale Realschule liegt in Wattenscheid.