Bochumer Häuser erzählen. Geschichte und Geschichten. Rainer Küster ist der Mann, der hinhört - und das in seinen Büchern weitererzählt. Der Autor bietet damit - in Anlehnung an den Philosophen Weischedel gesprochen - seinen Lesern Lokalhistorie buchstäblich über die Hintertreppe an. Druckfrisch sind jetzt die zweiten 15 Häuser-Geschichten im Athena-Verklag erschienen.
Der promovierte Philologe, Lehrer und RUB-Hochschuldozent hatte damals für sein Lexikon „Bochumer Wortschätzchen“ zur Beteiligung aufgerufen. Es erreichten ihn viele lange erklärende Zuschriften über Häuser. So reifte in ihm die Idee, daraus ein Buch zu machen. 2006 erschien dann das erste „Bochumer Häuser“-Buch.
Seit 43 Jahren lebt der 1943 geborene Küster in Bochum. Sein Schreiben bedeute ihm immer Fuß-fassen und Vergewisserung einer Heimat, sagt er. Seine Neigung habe dabei immer dem Erzählen gegolten. Die beiden „Häuser-Bücher“ vereinen diese Ansinnen. Sie laden den Leser ein, den Ich-Erzähler Küster zu begleiten. Hinein in die Häuser, dort mit ihm umherzugehen und in deren Welt einzutauchen. Zumeist trifft der Erzähler Küster Menschen, die ihn durch die Häuser führen, zuweilen zitiert er Quellen. Er reichert an mit Lesefrüchten, Rechercheergebnissen, Archiv-Funden.
Im neuen Buch finden sich Geschichten zum Rathaus, zur Schlegel-Brauerei, zum Vereinsheim des Günnigfelder Fußballs zwischen „World-Cup-Willi“ Schulz und Peter Közle, zum Haus des großen Hans Ehrenberg oder auch zum Kortumpark - dies’ als eine Geschichte, in der es weniger um ein Haus zum Leben geht, als vielmehr um die letzte Behausung. Sie behandeln den sterbenden Brieftaubensport genauso wie das Leben von Sir Hugo Berghüser, dem Stiepeler Weltenbummler (Jahrgang 1935), der sein Glück in Papua-Neuguinea fand und dem der Bochumer Architekt Karl F. Gehse ein spektakuläres Haus im Bochumer Süden baute.
Mit spektakulären und erschütternden Funden aus der Schulchronik der Theodor-Körner-Schule der Nazi-Zeit kann Küster genauso aufwarten wie mit launigen Anekdoten aus dem Ruhrstadion - hier zeigt sich Küster als gestählter Dauerkarten-Besitzer.
„Die Häuser werden zu der Erzählung“, sagt Küster. „Sie bestimmen den Bauplan“, so sein Eindruck. Hugo Ernst Käufer diagnostizierte einmal, Küster habe mit seinen Häuser-Geschichten eine neue Textsorte kreiert. Mag sein. Unterhaltsam sind sie jedenfalls, diese langen Reportagen, die leicht geschrieben wirken, doch dicht gedrängt so viel erzählen über unsere Stadt.