Erhard Kohl geht heute nach 30-jähriger Tätigkeit in den Ruhestand. Viele Veränderungen





Der Leiter der Telefonseelsorge Bochum, Erhard Kohl, geht nach 30-jähriger Tätigkeit in den Ruhestand. Der 61 Jahre alte Dipl. Psychologe und Theologe hat diese wichtige Einrichtung der beiden großen Kirchen in Bochum nicht nur drei Jahrzehnte lang geleitet, sondern ist auch der Gründer dieses wichtigen Notrufs für die Seele in Bochum.


"Probleme halten sich nicht an Öffnungszeiten," sagt Erhard Kohl. "Anrufende in einer schwierigen Lebenssituation sollen mit jemandem sprechen können, der vertrauenswürdig und verschwiegen ist - und zwar dann, wenn es nötig ist, ohne Termin und Wartezeit."


Anlass der Gründung dieses Notrufs für die Seele war in den siebziger Jahren auch die erschreckend hohe Selbstmordrate an der Bochumer Ruhr Universität. Wer keinen anderen Ausweg sah, als sich das Leben zu nehmen, sollte die Möglichkeit haben, diesen Schritt anonym und zu jeder Tages- und Nachtzeit mit jemandem zu besprechen.


Am 1. März 1978 begann der Aufbau der Telefonseelsorge in Bochum. Ein Jahr später nahmen 40 Ehrenamtliche die Arbeit am Sorgentelefon auf. Von 19 Uhr bis 7 Uhr waren sie für Anrufende erreichbar. Zwei Jahre später war das Telefon bereits rund um die Uhr besetzt. Heute sind ca.75 Frauen und Männer am Telefon tätig, elf befinden sich in der Ausbildung und bereiten sich auf die Gespräche vor.


Die Themen verändern sich wie die Gesellschaft sich verändert. Anfang der 80er Jahre erinnert Kohl sich an eine Fortbildung zum Thema "Arbeitslosigkeit", "um Mitarbeitern nahezubringen, was Arbeitslosigkeit bedeutet, wie man sich fühlt, wenn man arbeitslos ist." Gesellschaftliches Thema neben vielen anderen Themen bei der Telefonseelsorge ist heute die verborgene Armut vieler Menschen. Suizid ist ein bis zweimal am Tag Inhalt eines Gesprächs.


Nicht nur die Themen haben sich verändert, auch die Technik brachte einschneidende Veränderungen. Das Telefonieren mit dem Handy hat Auswirkungen auf die Art der Gespräche mit der Seelsorge am Telefon. Mit zunehmender Bedeutung des Internets ist Telefonseelsorge auch in Chats und per Mail erreichbar.


Wichtig ist Erhard Kohl, dass Kirche Interessierten, die ehrenamtlich tätig und anderen hilfreich sein wollen, einen geeigneten Rahmen zur Verfügung stellt. Dazu gehört es, die Freiwilligen mit ihrer anspruchsvollen und oft schweren Aufgabe nicht allein zu lassen. Fachliche Anleitung, Supervision und Seelsorge für die Mitarbeitenden sind unerlässlich. Damit hat Telefonseelsorge Modellcharakter für andere ehrenamtliche Tätigkeitsfelder gewonnen und sollte trotz aller notwenigen Einsparungen in den beiden Kirchen fortgesetzt werden. -tz