Mitte/Wiemelhausen.. Evakuierung der Siedlung an der Hermannshöhe nach Blindgängerfund. Stadt richtet Betreuungsstelle in der Schillerschule ein

Der Flurfunk funktioniert bestens in der Wohnsiedlung Hermannshöhe. So konnte die Feuerwehr Wolfgang Grewing mit der Nachricht über den Bombenfund mittags auch kaum noch überraschen. „Heute morgen gegen 10 Uhr hatte ein Nachbar auf der Baustelle beobachtet, dass die Arbeiten eingestellt wurden und Polizei vor Ort war. Schnell machte die Nachricht über eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg die Runde.“

Die Bogestra stellte einen Linienbus bereit für Anwohner, die nicht wussten, wohin. Die Mensa der Schillerschule war von der Stadt als Betreuungsstelle geöffnet worden. Dort harrten die ehrenamtlichen Kräfte des DRK Stunden aus, bevor die ersten Menschen eintrudelten. „Wir sind Warten gewohnt“, erklärt Katharina Thieme. Sie und ihre Mitstreiter haben den ersten Voralarm morgens erhalten. „Dann können wir unsere Arbeitgeber benachrichtigen, dass wir wahrscheinlich zum Einsatz müssen.“ Die eigentliche Alarmierung kam um 13.30 Uhr.

Noch ein Butterbrot geschmiert

Die Evakuierung der Häuser verzögerte sich. Die Feuerwehr klebte rote Zettel an Türen, deren Häuser leer waren. Erst gegen vier traf die erste Anwohnerin an der Schillerschule ein: Klara, die ihren Nachnamen nicht nennen mag, wohnt erst seit einem Monat an der Hermannshöhe. Und sie hat die Feuerwehr gründlich missverstanden. „Als die Männer von einer Bombe sprachen, dachte ich wegen der Nähe zum Hauptbahnhof an einen Anschlag.“ Umso erleichterter konnte sie sich später, als sie an der Schillerschule mehr Informationen erhielt, auf einer Bank ihren Manga-Zeichnungen widmen.

Als Margarete Stanislawiak von der Franz-Vogt-Straße von der Bombe hörte, rief sie ihre Tochter an, sie solle zu Hause bleiben. „Ich packte eine Thermoskanne Kaffee ins Auto und fuhr hierher.“ Angst habe sie nicht empfunden. Dabei sorgte sie sich aber um einige Nachbarn: „Es wohnen viele alte Leute bei uns. Wo sollen die hin?“

Nicht die erste Evakuierung an der Hermannshöhe

Die kamen wenig später auch in der Mensa an, viele mit Hilfe des DRK und ihren Bussen. So auch Doris Rygalski. Als die Helfer vor ihrer Tür standen, wies sie darauf hin, nicht laufen zu können, sie nutzt einen Rollator. „Die Versorgung war super vom DRK, das sind nette Leute.“

Herta Mitzhus saß neben ihr in der Mensa; sie kam mit dem Fahrrad zur Schillerschule. „Ich habe mir nur noch schnell ein Butterbrot geschmiert und bin losgefahren.“ Gut so, denn es gab zwar Wasser und Kaffee, nicht aber Essen.

Elfriede Hübner, die auf ihren Rollator angewiesen ist, wurde von ihrer Tochter gebracht. Die war mit Einkäufen auf dem Weg zu ihrer Mutter, als der Alarm erfolgte. Die erste Reaktion der 90-Jährigen war: „Schiete, dass man 70 Jahre nach Kriegsende immer noch mit Bomben konfrontiert wird.“ Für sie war es nicht die erste Evakuierung an der Hermannshöhe. „Bis jetzt ist immer alles gut gegangen bei der Entschärfung. Wir haben gute Feuerwerker.“ Sie findet, man müsse gelassen bleiben.

Und sie sollte Recht behalten. Kurz vor sechs Uhr war alles vorbei, die Anwohner konnten zurückkehren in ihre Häuser.