Bochum.. Und wieder stirbt ein starkes Stück Bochumer Kneipentradition. In der Pinte „Von 8 bis 8“ wird am Samstag das letzte Fiege-Fass geleert. Zapfenstreich tief im Westen: Wirt Jochen zieht’s in den hohen Norden.

„Die erste 8 ist durchaus ernst zu nehmen“, sagt Ernst-Joachim Blum, den alle nur Jochen nennen. Großvater Josef hatte die „Tagesgaststätte“ an der Viktoriastraße 16 vor 65 Jahren eröffnet. Seither wird die schwere Holzpforte morgens Punkt 8 Uhr aufgeschlossen. Die zweite 8 ist Auslegungssache. „Opa war früher rigoros. Egal wie voll es war: Um 20 Uhr mussten alle raus. Ich handhabe das freizügiger“, schmunzelt Jochen Blum.

Der 54-Jährige blickt auf eine stolze Familientradition zurück. Bereits in den 1920er Jahren hatten die Blums das Lokal „Zur Postkutsche“ an der Viktoriastraße 7 geführt. Spezialität: Brände und Liköre aus eigener Produktion. Besonders beliebt: der Magenbitter „Postillon“, an dessen „geschmacklicher Abstimmung die Gäste durch viele Verprobungen eng beteiligt waren“, wie es in einer Chronik heißt. Slogan: „Kaufe und schenke, Blums gute Getränke!“

In dritte Generation

1979 hatte die „Postkutsche“ ausgedient. Die hauseigenen Spirituosen wurden fortan in der Kneipe „Von 8 bis 8“ gekippt, die Familie Blum seit 1957 betreibt. Jochen ist seit 1996 Chef in dritter Generation. Wie in allen Eckkneipen sind es meist Stammgäste, die sich zu Pils, Plausch und Schnäpsken am Tresen einfinden. So auch Heinz-Günter Hoy und Eckhard Tille (beide 63), die das gut gezapfte Bier ebenso loben wie den netten Wirt. „Schade, dass Schluss ist“, bedauern sie. „Die Kneipe: Das ist ein wichtiger Teil der Ruhrgebietskultur. Und die verschwindet zusehens.“

Jochen Blum hätte gern weitergemacht. „Der Standort direkt in der City, neben dem Amts- und Landgericht, ist eigentlich prima. Hier kehren auch Richter und Anwälte ein.“ Doch die Gesundheit mache nicht mehr mit. Hinzu kommen düstere Perspektiven: „Die nochmalige Verschärfung des Nichtrauchergesetzes würde viele Gäste verprellen. Und: Der Abriss des Justizgebäudes und das neue Einkaufszentrum bedeuten eine jahrelange Baustelle. Das halte ich nicht mehr durch.“

Jochen Blum schließt ab und wandert aus. Mit einem Wohnmobil geht’s bald nach Norwegen, wo er seinen Lebensabend genießen will. Am Samstag, bei der Fassleerung, steht er zum letzten Mal am Zapfhahn. Jede Wette, das die zweite 8 noch einmal mächtig ins Wanken gerät.