Bochum.. Die Abiturienten der Lessing-Schule erhielten vorgezogene Abschlusszeugnisse. Sie sollen vor allem zum Nachdenken über die berufliche Zukunft anregen

Die Schülerin Johanna Eiche ist beruhigt. Sie weiß, was sie studieren möchte. Seit gestern weiß sie auch, dass ihr Abiturschnitt dafür gut genug sein wird. „Momentan habe ich einen Schnitt von 2,4. Das reicht, um damit an der Evangelischen Fachhochschule in Bochum Soziale Arbeit studieren zu können“, freut sich Eiche. „Ich hoffe aber, dass ich die Note noch etwas verbessern kann.“

Seit gestern hält die Lessing-Schülerin ihr Abschlusszeugnis in den Händen – ein vorläufiges, auf dem der jetzige Notendurchschnitt in dicken Ziffern steht. Die 19-Jährige gehört zum doppelten Abiturjahrgang. Eiche ist eine von 146 jungen Erwachsenen, die im Frühjahr 2013 an der Lessing-Schule die Abiturprüfungen ablegen werden. Sie alle erhielten in der Aula der Langendreer Schule in einer simulierten Abschlussfeier ihre Zeugnisse mit einer Notenprognose. Der „echte“ letzte Schultag kommt erst am 22. März 2013.

Viele Schüler hadern mit der Zukunft

Nicht alle Abiturienten wie Eiche sind sich bewusst, wie schnell die Schule vorbei ist. Auch wissen viele nicht, was sie danach machen. „Viele denken, dass sie bis zum Schulabschluss noch Zeit hätten“, berichtet Ulrich Platte, stellvertretender Schulleiter des Lessing-Gymnasiums. „Einige wissen selbst mit dem Abiturzeugnis in der Hand noch nicht, was sie beruflich machen möchten.“

Frühere Umfragen unter den Reifeprüflingen hätten gezeigt, dass nicht einmal die Hälfte von ihnen konkrete Zukunftspläne hätte. Daher fingierte das Gymnasium gemeinsam mit der Agentur für Arbeit erstmals den letzten Schultag als Trockenübung bereits Monate vor den Prüfungen, zusätzlich zum regelmäßigen Berufsorientierungsangebot des Gymnasiums namens „Wege nach dem Abitur“. „Damit wollen wir die Abiturienten wachrütteln“, erörtert Platte die Intention des Rektorats. Ziel solle sein, die Schüler spätestens jetzt zum Nachdenken über die berufliche Laufbahn zu bewegen.

Einige Schüler müssen einen Plan B entwerfen

Dazu gehört nicht nur die Übergabe der Urkunden. Auch Beratungen in Kleingruppen durch Mitarbeiter der Agentur für Arbeit sind Teil dieses Pilotprojekts. „Wir möchten ihnen zeigen, was geht und was nicht“, erörtert Agentur-Mitarbeiter Thomas Becker. So seien einige Bewerbungsfristen für bestimmte Berufsfelder bereits abgelaufen. „Jetzt müssen sich einige Schüler einen Plan B suchen. Warten ist keine Alternative“, weiß Becker.

Vor allem durch die Tatsache, dass 2013 durch den doppelten Abiturjahrgang in Nordrhein-Westfalen rund 30 Prozent mehr junge Leute mit Abitur auf den Arbeitsmarkt und in die Hochschulen streben, müssten sie flexibler und mobiler sein. „Sie sollten darüber nachdenken, auch in andere Bundesländer oder ins Ausland zu gehen.“

Freiwilligen Dienste sind eine Möglichkeit

Auch ein Freies Ökologisches oder Soziales Jahr oder der Bundesfreiwilligendienst könne eine Möglichkeit für die Zeit nach der Schule sein. Lina Einenkel möchte an der Ruhr-Universität Geografie studieren, davor jedoch einen Freiwilligendienst in Ghana und Marokko ableisten. „Diese Erfahrung möchte ich vor dem Studium unbedingt machen“, erklärt die 19-Jährige. Auch sie hat ihre vorläufige Abschlussnote erhalten, die sich im mittleren Zweier-Bereich bewegt. „Ich mache jetzt mehr für die Schule, um auf einen guten Zweierwert zu kommen“, verspricht sie sich. Dann klappt es auch mit dem Studienplatz.