Bochum. Ein Gesetzentwurf sieht eine Liberalisierung der Lärmgrenzen für Sportvereine vor. 50 statt 45 Dezibel in reinen Wohngebieten sollen erlaubt sein.
Vergangenen Sonntag war Ruhetag. Buchstäblich. Fußball-A-Kreisligist Westfalia Bochum hatte spielfrei. Und deshalb herrschte um 15 Uhr zur besten Kaffeezeit rund um den Sportplatz an der Hofsteder Straße in der Speckschweiz, wo die Anwohner sonst direkt aus dem Küchenfenster die Spiele beobachten und sich das Eintrittsgeld sparen können, ungewöhnliche Stille.
Es gibt etliche Fußballplätze in Bochum, die mitten in einem Wohngebiet liegen. Konflikte entstehen dadurch eher selten, sagt Sportamtsleiter Klaus Retsch. Sie seien die Ausnahme. „Und wenn, dann haben sie weniger mit dem Sportbetrieb zu tun als etwa mit späten Feiern im Vereinsheim.“ Ansonsten gehört die Geräuschkulisse – Raunen, Rufen, Pfeifen, Torjubel und Lautsprecherdurchsagen – zum städtischen Leben mit dazu. „Die Bochumer sind sehr tolerant“, so Retsch.
Überschreitung auf Altanlagen
Die Frage ist, ob sie das auch in Zukunft sein werden. Denn geplant ist, die Lärmgrenzen für Sportvereine und Sportplätze zu liberalisieren; will sagen: Auf den Plätzen könnte es künftig lauter zugehen. So sieht es ein Gesetzentwurf des Bundesumweltministeriums vor. Vorgesehen ist eine Anpassung der Lärmgrenzwerte abends zwischen 20 und 22 Uhr sowie an Sonntagen. In reinen Wohngebieten wären dann Lautstärken von 50 statt bislang 45 Dezibel erlaubt. Auf Altanlagen soll eine Überschreitung von bis zu fünf Dezibel erlaubt sein und außerdem könnten die Abstände zwischen Sportanlagen und heranrückender Wohnbebauung halbiert werden.
„Wir begrüßen das“, sagt Sportamtsleiter Retsch. Schon lange seien Vereine und Sportverbände bemüht, bessere Rahmenbedingungen für den Sport durchzuboxen. Zumal: „Dem Sport wird so viel Bedeutung beigemessen, was seine integrative oder soziale Funktion betrifft. Dieser Bedeutung muss man auch Tribut zollen“, so Retsch.
"Dass man mehr Lärm machen kann, heißt nicht, dass man es auch muss"
Am liebsten sähen es die Befürworter, wenn den Sportgeräuschen die gleiche Bedeutung zugemessen würde wie dies für Kinderlärm auf Spielplätzen und in Kitas gilt. Die müssen nach einer Entscheidung des Bundestags von 2011 von Anwohnern toleriert werden.
Ob höhere Grenzwerte im Sport mehr Konfliktpotenzial schaffen, „das muss man abwarten“, sagt Sportausschussvorsitzender Wolfgang Horneck (CDU). Fakt ist: Werden Sportanlagen neu gebaut oder Altanlagen aufgewertet, etwa wenn ein Tennenplatz in einen Kunstrasenplatz umgewandelt wird und sich so die Nutzungszeit erhöht, müssen Gutachten erstellt und möglicherweise Lärmschutzmaßnahmen vorgenommen werden. An einigen Stellen in der Stadt wurden bereits Lärmschutzwälle errichtet. Ansonsten setzt Sportamtsleiter Klaus Retsch auf das Verantwortungsbewusstsein der Vereine. „Dass man mehr Lärm machen kann, heißt nicht, dass man mehr Lärm machen muss.“