Bochum.. Es ist „der härteste Spaziergang der Welt“: Die Bochumerin Sandra Wagner hat sich einen Kindheitstraum erfüllt und den Kilimanscharo in Tansania bestiegen. Kraft, Ausdauer und ein nahezu unerschütterlicher Wille sind dabei gefragt.
5895 Meter: Genau so hoch ist der höchste Berg Afrikas, der Kilimandscharo in Tansania. Nicht viele Menschen würden sich trauen, solch einen Brocken zu bezwingen. Sandra Wagner jedoch ist diese Tour scheinbar unerschrocken angetreten. Zurück nach Hause kam sie randvoll mit Fotos und unvergesslichen Erinnerungen, aus denen sie jetzt ein schönes Reisebuch verfasst hat: „Jambo Kilimandscharo – In sechs Tagen auf das Dach Afrikas“.
Eigentlich arbeitet Sandra Wagner in einer Buchhandlung in Langendreer, doch wann immer es ihre Zeit erlaubt, zieht es sie ins Gebirge. „Die Lust aufs Wandern stammt von meinen Eltern“, meint sie. Irgendwann wurde die Sächsische Schweiz für die junge Frau jedoch zu klein, höhere Ziele mussten her. Sandra Wagner kletterte auf dem Ätna in Italien oder dem Teide auf Teneriffa umher. Alles nur Fingerübungen gegen den ganz großen Traum, der sie seit Kindheitstagen beschäftigt. Sandra will hinauf auf den Kilimandscharo.
Nach zwei Jahren Vorbereitung wagt sie zu ihrem 30. Geburtstag das Unternehmen Aufstieg. Gemeinsam mit ihrem Bruder Michael fliegt sie nach Moshi, der nächstgelegenen Stadt, und schaut sich das Ziel ihrer Mühen schon einmal aus der Ferne an: „Das ist ein irres Gefühl, wenn man den Gipfel zum ersten Mal sieht“, strahlt sie.
Einmal durch alle Klimazonen
Dann geht’s endlich los: Sandra und ihr Bruder sind in einer Vierergruppe unterwegs, die von zwei Einheimischen angeführt wird. Sechs Tage brauchen sie für den Aufstieg. „Man läuft einmal durch alle Klimazonen“, erzählt sie. „Von heiß bis bitterkalt, von Steinwüste bis Schnee und Eis.“ Eine optimale Ausrüstung sei unerlässlich: „Ohne die geht es nicht.“
Dabei muss man wissen: Um den Kilimandscharo zu bezwingen, braucht man kein extrem erfahrener Bergsteiger zu sein. Vielmehr gefragt sind Kraft, Ausdauer und ein nahezu unerschütterlicher Wille. Von vielen wird der Aufstieg daher als „härtester Spaziergang der Welt“ bezeichnet – eine Erfahrung, die auch Sandra Wagner machen muss. „Man lernt dort oben, langsam zu werden und sich zu entschleunigen“, meint sie. „Irgendwann wird die Luft so dünn, dass das Atmen schwer fällt und man nur noch zögerlich voran kommt.“
Michael muss kurz vorm Ziel abbrechen
Kopfschmerzen, Übelkeit: Das sind erste Zeichen der Höhenkrankheit, die ihren Bruder erwischt. Kurz vor dem Ziel muss Michael den kräftezehrenden Trip abbrechen. „Das Spiel mit der Gesundheit ist der Kilimandscharo dann doch nicht wert“, meint sie. Doch Sandra geht tapfer weiter – und tatsächlich: Am 20. Februar um 6.15 Uhr ist sie am Ziel. Sie steht auf dem Gipfel. „Das Zeitgefühl hatte ich völlig verloren und mein Zeigefinger war beinahe abgefroren“, erzählt sie. „Ich stand dort oben, mir liefen die Tränen runter, und die Sonne ging auf. Es war einfach unglaublich schön.“
Etwa eine halbe Stunde verbringt sie auf dem Gipfel, ehe das naht, was sie zuvor etwas verdrängt hatte: der Abstieg. Einen Tag lang dauert er. „Ich glaube, die anderen waren froh, heil hinunter zu kommen“, meint sie. „Ich dagegen fiel erstmal in ein Loch. Ich war echt traurig, dass alles vorbei war, denn mein großer Traum war jetzt vorbei.“
Hektisches Leben in der Großstadt
Zurück in Bochum musste sie sich an das hektische Leben einer Großstadt erst wieder gewöhnen. „Das geht alles so schnell hier. Es brauchte eine Woche, ehe ich mich wieder eingelebt hatte.“
Ein Buch über ihre Tour zu schreiben, sei ihr zunächst gar nicht in den Sinn gekommen. „Ich hatte während unserer Reise ein Tagebuch geführt, das wuchs und wuchs.“ Jedem, der selber eine Reise an einen solch entlegenen Ort plant, sei Sandra Wagners Reisetagebuch ans Herz gelegt. Es enthält nicht nur ihren lesenswerten Bericht, sondern auch nützliche Tipps: etwa eine Packliste oder ein kleines Wörterbuch. Deutsch – Kisuaheli.
Sandra Wagners Buch „Jambo Kilimandscharo – In sechs Tagen auf das Dach Afrikas“ ist mit vielen Fotos im Wiesenburg-Verlag erschienen (200 Seiten, 19,80 Euro).