Bochum. Die Notaufnahmen der Bochumer Kliniken müssen immer mehr Patienten versorgen. Folge: Die Wartezeiten werden länger. Das erlebte eine Bochumer Familie jetzt im Knappschaftskrankenhaus Langendreer.
Plötzlich war die Angst da. Am Sonntagabend konnte Markus Nüllmann (42) nicht mehr richtig sehen. „Wir mussten befürchten“, berichtet Schwiegermutter Theresa Feix, „dass es sich um Vorboten eines Schlaganfalls handelt.“ Sieben Stunden später war die Familie um diese Sorge ärmer – aber um Erfahrungen reicher, „die wir uns so nie hätten vorstellen können“.
Zunächst hatten die Wattenscheider den Ärztlichen Bereitschaftsdienst alarmiert. „Dort verwies man uns an die Augenklinik des Knappschaftskrankenhauses.“ Um 20.15 Uhr sei man in Langendreer eingetroffen. „Mit uns waren sieben Patienten in der Ambulanz, darunter ein siebenjähriger Junge und ein 80-jähriger Mann“, schildert Theresa Feix. Allesamt hätten sie stundenlang warten müssen.
Behandlung erst weit nach Mitternacht
Als Markus Nüllmann an der Reihe war, war es weit nach Mitternacht. „Der Arzt war erschöpft. Er war seit 24 Stunden im Dienst“, so Theresa Feix, die um 2.45 Uhr wieder daheim war. Dem Arzt macht sie ausdrücklich keinen Vorwurf. Aber: „Wir sind geschockt, wie mit Notfallpatienten umgangen wird.“
Tatsächlich habe Markus Nüllmann „außergewöhnlich lange“ warten müssen, bestätigt die Klinik. „Drei Ärzte waren im Einsatz. Es gab aber vier Notfälle. Die hatten Vorrang, zumal bei Herrn Nüllmann bei einer Eingangsuntersuchung keine Lebensgefahr diagnostiziert wurde“, betont Verwaltungsdirektor Dieter Rustemeier.
Erst die schweren Fälle
Erst die schweren Fälle, dann alle anderen: Dieses Vorgehen wird auch in den anderen Bochumer Krankenhäusern beherzigt. Immer mehr Menschen kämen auch mit kleineren Wehwehchen in die Klinik, heißt es. „Wir behandeln täglich 60 Notfallpatienten nicht nach der zeitlichen Reihenfolge, sondern nach Art des Notfalls“, erklärt Jobin Jopp (Bergmannsheil) und bittet ebenso um Verständnis für Wartezeiten wie das St.-Josef-Hospital, wo Pflegekräfte in der Notaufnahme täglich 100 Patienten begutachten. „Schlaganfälle oder Herzinfarkte werden binnen 15 Minuten behandelt. Rückenschmerzen oder Splitter im Finger müssen sich leider gedulden.“
Die Notaufnahme sei in allen Krankenhäusern ein Problem, klagen Ärzte und Verwaltungschefs. Die Augenklinik fühlt sich in besonderem Maße überlastet: „Seit 2011 halten die niedergelassenen Augenärzte keinen Notdienst mehr vor. Patienten auch aus Herne und Recklinghausen werden direkt an uns verwiesen. Wir wussten von nichts, müssen die Mehrbelastung aber stemmen. Der Druck ist gerade an Wochenenden groß.“
Markus Nüllmann hat’s erfahren. Zum Glück ohne bleibende Schäden: Der Verdacht auf Schlaganfall bestätigte sich nicht.
In den Klinik-Ambulanzen wachsen die Warteschlangen. Welche Erfahrungen haben Sie mit den Notaufnahmen gemacht? Schreiben Sie uns: an die WAZ-Redaktion, Huestraße 25 in 44787 Bochum; E-Mail: redaktion.bochum@waz.de