Man sollte sich nichts vormachen: Die Lage am Schauspielhaus ist ernst. Das strukturelle Defizit von jährlich einer Dreiviertelmillion Euro wird, wenn nichts geschieht, die Substanz des Hauses in ein paar Jahren im Wortsinn aufgefressen haben. Die Lösungsansätze (z.B. höhere Eintrittspreise, Aufgabe des Melanchthonsaales, weniger Werbung) sind nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.
Es braucht eine grundlegende Neuausrichtung der Finanzplanung. Eine Agentur soll ab Herbst hinter die Kulissen blicken und nach Einsparpotenzial suchen. Dem Kulturinstitut Schauspielhaus geht es damit nicht anders als jedem Wirtschaftsbetrieb, der auf seine Kosten gucken muss. Man darf wirklich gespannt sein, wie dieses Experiment ausgeht.
Drei Fragen bleiben, und sie müssen öffentlich beantwortet werden: Wie konnte es dazu kommen, dass Verwaltungsrat und Schauspielhausleitung offenbar sehenden Auges in den Schlamassel gelaufen sind, ohne gegenzusteuern? Wer trägt dafür die Verantwortung? Und: Wie will man verhindern, dass die unschöne Debatte ums Geld am Ende nicht doch auf den künstlerischen Sektor durchschlägt, dass die Qualität abnimmt und das renommierte Theater in der Mittelmäßigkeit versinkt? Das Bochumer Schauspielhaus hat viel zu verlieren. Nicht nur seinen guten Ruf.
Jürgen Boebers-Süßmann