Bochum. Der Bau des Musikzentrums hatte einen 98 Jahre langen Vorlauf. Seit den Nachkriegsjahren waren immer wieder verschiedene Bauplätze im Gespräch.
Dass es in ein paar Tagen zur Eröffnung des Musikforums an prominenter Stelle in der Innenstadt kommt, hat viel mit Zufall zu tun. Wäre es anders gelaufen, stünde das Konzerthaus heute neben der Jahrhunderthalle im Westpark – oder wäre nie gebaut worden. Doch der Reihe nach.
Der Wunsch nach einer festen Spielstätte ist so alt wie die Geschichte des Orchesters selbst, also 98 Jahre – im Gegensatz zum Theater, das früh über ein eigenes Haus verfügte, das anfangs allerdings auf eine Privatinitiative zurückging und erst später von der Stadt übernommen wurde. Spätestens nach dem Krieg kamen die Rufe nach einem Konzertsaal verstärkt auf. Damals war daran gedacht, für die Symphoniker das Parkhaus im Stadtpark zu erweitern. Die Pläne waren fix und fertig. Aber dann kam das Zechensterben, und wieder klappte es nicht. Statt eines Konzertsaals wurde 1964 die Ruhrlandhalle gebaut, eine rustikale Mehrzweckhalle für alle Fälle. Die BoSy musizierten hier ebenso unzureichend wie im Schauspielhaus, im Audimax der Ruhr-Uni, an allen möglichen Orten. Der Ausformung eines markanten Orchesterklangs und der Bereitstellung eines angemessenen Arbeitsumfelds für die Musiker waren solch’ improvisierten Verhältnisse natürlich nicht förderlich.
„Endlich anfangen zu pfeifen“
Die Vorgeschichte mag erklären, warum sich Bochum auch später schwer tat. Tatsächlich fiel der Grundsatzentschluss zum Bau eines Konzerthauses erst Anfang März 2003 im Rat, nachdem drei Jahre zuvor der Freundeskreis der Symphoniker mit einem Entwurf Dampf gemacht hatte, der ein Konzerthaus mitten auf dem Dr.-Ruer-Platz vorsah. „Es ist nun an der Zeit, nicht mehr nur die Lippen zu schürzen, sondern endlich auch zu pfeifen“, brachte SPD-Fraktionschef Dieter Fleskes die scheinbar endlose Entschlusslosigkeit damals auf den Punkt. Gebaut werden sollte nun, übrigens ohne dass eine Finanzierung auch nur kalkuliert gewesen wäre, an der Jahrhunderthalle. Diese hatte sich mit der jungen Ruhr-Triennale aus ihrem Industrieschlaf erhoben; überhaupt hatte man in Bochum mit dem Westpark allerhand vor: Wohnen, Werkstätten, Wohlfühlen. „Das Konzerthaus entsteht im Westpark oder es kommt gar nicht“, ließ sich OB Ernst-Otto Stüber vernehmen.
Aber manche, nicht wenige in Bochum, wollten ein vorzeigbares Konzerthaus lieber in der Innenstadt sehen als weit ab vom Schuss auf einer Stahlwerksbrache. Doch die Diskussion war bald wieder obsolet, denn es fehlte weiter an Geld. Bochum musste mit dem schwankenden Opel-Riesen, der Schließung von Nokia und anderen wirtschaftlichen Widernissen klar kommen; schließlich fiel man auch noch in den Nothaushalt, und dadurch ging gar nix mehr.
Dass es doch einen Durchbruch gab, lag – wie bei der Gründung des Theaters Anfang des 20. Jahrhunderts – an einer Privatinitiative. Der Unternehmer Norman Faber („Lotto-Faber“) versprach, fünf Millionen Euro auf den Tisch zu legen, vorausgesetzt, dass weitere zwei Millionen gespendet würden und das Haus in die Innenstadt käme. Das war der Impuls, der den Bauplatz samt der Marienkirche, die schon auf Abriss stand, in den Blickpunkt rückte. Das Haus erwuchs also letztlich aus der Mitte der Bürgergesellschaft – in einem Moment, da wieder einmal alle hochfliegenden Bochumer Pläne Makulatur zu sein schienen, kam Anfang 2007 Fabers Angebot.
Der Rest ist Geschichte. Der Millionen-Anschub setzte den entscheidenden Impuls, der das Musikhaus nach fast 100 Jahren BoSy-Geschichte greifbar machte. Die Stadt steuerte ihr Grundstück bei, das sie vor ewigen Zeiten für den Kino-Mogul Hans-Georg Rehs hatte freiräumen lassen, der hier in den 1990er Jahren ein Multiplex-Kino hochziehen wollte, dann aber davon absah. Seitdem lag die „Filet“-Fläche brach. Nun hat sie endlich Zukunft.