Bochum. Vor knapp einer Woche brannte eine Wohnung an der Hauptstraße in Langendreer. Die Hauseigentümer fühlen sich von der Stadt im Stich gelassen. „Jetzt bleiben wir auf dem Schaden sitzen.“ Und das Bochumer Jugendamt hätte viel früher eingreifen müssen.

Schmutzige Wäsche türmt sich auf verdreckten Betten und Böden. Möbel-Fragmente schreien nach dem Sperrmüll. Stinkender Unrat und Spinnweben allerorten. Im Aquarium dümpeln tote Fische in brauner Brühe. Wasserlachen zeugen vom Großbrand vor einer Woche in Langendreer. „Aber täuschen Sie sich nicht. Davor sah es hier genauso chaotisch aus“, sagt Uwe Meisehen. Das Bochumer Jugendamt, sagt er, hätte viel früher eingreifen müssen. „Jetzt bleiben wir auf dem Schaden sitzen.“

Mit seinem Vater Lothar ist der 47-Jährige Eigentümer der Wohnung an der Hauptstraße, in der am frühen Mittwochmorgen ein Feuer ausbrach. Neun Personen erlitten eine Rauchvergiftung. Auslöser war nach Angaben der Polizei eine unbeaufsichtigt brennende Kerze.

Familie des abgebrannten Hauses wurde vom Jugendamt  betreut

Vater und Sohn Meisehen bezweifeln diese Version. Sie zeichnen ein verheerendes Bild des Paares, das mit sechs Kindern in zwei 70-m2-Bleiben gehaust hat. Seit dem Einzug im Frühjahr 2010 habe es ständig Ärger gegeben. „Möbel und brennendes Klopapier wurden aus dem Fenster geworfen. Die Kinder bettelten um Essen. Der Lärm war unerträglich. Häufig kam die Polizei“, sagt Nachbarin Dilek Gürkan (24). „Die Familie wird vom Jugendamt betreut. Wir haben mehrfach auf die schlimmen Zustände hingewiesen. Doch es hieß nur: Das sei normal bei so vielen Kindern“, erzählt Uwe Meisehen.

Wie es zu dem Brand kam: Die Eigentümer haben Vermutungen, aber keine Beweise. Bittere Realität ist der nass-müffelnde Trümmerhaufen, den die Flammen und die Bewohner hinterlassen haben. Uwe Meisehen wählt sich seit Tagen „die Finger wund“, um zu erfahren, wo die Familie unmittelbar nach dem Brand untergekommen ist. „Ohne Genehmigung der Mieter dürfen wir die Wohnung nicht leerräumen. Doch die Stadt verweist ebenso wie das Job-Center auf den Datenschutz. Vom Jugendamt hat sich noch niemand blicken lassen. Wir werden komplett allein gelassen“, zürnt Lothar Meisehen.

Schaden wird auf 50.000 Euro geschätzt

Zwar tritt die Gebäudeversicherung für den Großteil des Schadens (geschätzt 50.000 Euro) ein. Die Räumung und Wiederherrichtung der verwahrlosten Wohnung indes werde zusätzlich mehrere tausend Euro verschlingen, befürchten die Inhaber. Weitere Kosten entstehen durch die ausbleibende Mieteinnahme. Und: Bewohner wollen wegen des Gestanks eine Mietminderung geltend machen. „Für uns zählt jeder Tag. Doch die Behörden kümmert das nicht.“

Auch im WAZ-Gespräch verweist Stadtsprecher Thomas Sprenger auf den Datenschutz. „Wir dürfen den neuen Aufenthaltsort der Familie und weitere Einzelheiten nicht preisgeben.“ Auf die Anrufe des Hauseigentümers habe das Jugendamt aber sehr wohl reagiert. „Die Mutter wurde nach dem Brand durch unseren Sozialen Dienst aufgefordert, sich an den Vermieter zu wenden. Das ist offenkundig nicht passiert. Wir werden der Sache deshalb jetzt noch einmal nachgehen.“

Eine weitere Auskunft dürfte Vater und Sohn Meisehen beunruhigen. Die mit dem Sozialamt organisierte Unterbringung der Familie sei vorübergehend. „Sie erfolgt in der Regel nur so lange, bis die alte Wohnung wieder bewohnbar ist“, so der Stadtsprecher.

Lothar Meisehen will sich gegen eine Rückkehr stemmen. Er ärgert sich noch immer, die Wohnung überhaupt an die Familie vermietet zu haben. „Dabei haben die damals einen netten Eindruck gemacht.“ Das Ende ist bekannt.

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