Bochum. Es gibt Pläne für eine grüne Oase. Es scheint ein aussichtsreicher Kandidat für einen Wald gefunden zu sein. Anlieger würden mehr Grün begrüßen.
Ein Wald ist sexy, mit Wald lässt sich punkten, Wald ist systemrelevant. SPD und Grüne haben dies ganz offenbar erkannt und es flugs in den Koalitionsvertragsentwurf geschrieben. Sie wollen eine „großzügige neue Waldfläche in Bochum anlegen“. Nur, mit der Sprache rausrücken, wo dieser Wald denn wachsen soll, wollen sie nicht. Das mag daran liegen, dass der Koalitionsvertrag noch nicht unterschrieben ist. Die WAZ wollte nicht so lange warten und hat sich die Fläche, auf denen sich schon bald die Baumwipfel wiegen sollen, mal näher angeschaut.
Es darf keine Insellösung entstehen
Auf einer Fläche von zwei Hektar, das entspricht rund drei Fußballfeldern, soll aufgeforstet werden. Ausgeguckt haben sich die die Koalitionäre ganz offensichtlich einen Landstrich, der sich genau im Dreieck der Baroper Straße und Hauptstraße in Langendreer befindet. Der städtische Baummanager Marcus Kamplade möchte nur bestätigen, dass es sich bei dieser Fläche um eines der Gebiete handelt, „die wir uns derzeit auf die Eignung einer Aufforstung hin anschauen. Dabei spielt immer ein wichtiger Grundsatz eine Rolle: Wir wollen keine Insellösungen schaffen.“
In einen zweiten Schritt geht es ums Rechtliche. Beim Regionalforstamt in Gelsenkirchen muss der neue Forst beantragt werden, damit er auch Wald im Sinne des Gesetzes wird. Zu den bisher schon 1000 Hektar Wald, die sich auf rund 100 Forstflächen verteilen, sollen weitere hinzukommen. Dabei gehe es natürlich um eine angemessene Mischung der dort zu pflanzenden Bäume.
Viele Bedingungen der Stadt für ein solches Projekt erfüllt der Landstrich aber locker. Das Gelände ist größtenteils im Besitz der Stadt, und es kann leicht mit anderen bereits vorhandenen Grüngebieten verknüpft werden. Sollte tatsächlich dort Wald entstehen, könnten auch Teilflächen, die jetzt noch von der dortigen Kompostieranlage genutzt werden, und nicht mehr belegte Reserveflächen des städtischen Friedhofs Langendreer in den neuen Wald einbezogen werden.
Grundsätzlich begrüßt Joachim Koppenschläger, zweiter Vorsitzender der Kleingartenanlage Eschweg, die unmittelbar an die mögliche Aufforstungsfläche grenzt, diese Idee: „Als Gartenfreunde sehen wir das natürlich sehr positiv. Gleichzeitig hoffen wir, dass auch neue Bäume an der Hauptstraße gepflanzt werden, die ja durch den Bau der Straßenbahnlinie weggefallen sind.“ Ein anderer Kleingärtner könnte sich eher eine Obstbaumwiese auf der Freifläche vorstellen.
Es wird immer noch zu viel Fläche versiegelt
Für Heidi Hopkins, die als Vorsitzende des Landschaftsbeirats in Bochum seit vielen Jahren eine der Fürsprecherinnen städtischen Grüns ist, steht im Vordergrund, dass „der Boden einer solchen Fläche in Ordnung und die Pflanzenvielfalt dort gewährleistet sein muss.“
Sie erinnert gleichzeitig daran, dass immer wieder bestehende Einzelbäume oder Waldflächen durch städtisches Handeln gefährdet werden. „Einzelbäume wie etwa eine mächtige Kastanie in Querenburg oder Gehölze wie an der Charlottenstraße in Wiemelhausen werden nicht genug geschützt. Für das Wohnbauprogramm werden einfach zu viele Flächen versiegelt“, kritisiert sie.
Wenn schon vier Bäume ein Wald sind
Der Biologe Richard Köhler arbeitet bei der Biologischen Station östliches Ruhrgebiet und ist ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet der Ökologie. Er weiß, dass es bis zu 40 Jahre dauert, bis ein neues Waldstück die gewünschten Effekte hat. Für das Auge allein geht es zwar schneller, doch die Wirkung für die Umwelt dauere: „Doch dann entfaltet er sein eigenes Klima. Die Luft wird feuchter im Wald, er dämpft die Sonneneinstrahlung und schafft eine ausgeglichene Temperatur.“
Nur zu klein dürfe er nicht sein, aber zwei Hektar seien schon ausreichend. Und mit einem Augenzwinkern fügt er hinzu: „Natürlich können sie auch die vier Bäumchen in ihrem Garten Wald nennen. Nur im Sinne des Forstgesetzes ist es keiner.“
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