Bochum.. Allen Opfern von Sexualstraftaten bietet die Kripo Bochum die Möglichkeit, sich eine Anzeige bis zu zehn Jahre nach der Tat in Ruhe zu überlegen - die Tatspuren aber von Anfang an in der Rechtsmedizin zu sichern. Das alles läuft völlig anonym ab.

Wer Strafanzeige erstattet, dass er vergewaltigt worden sei, muss oft Nerven aus Stahl haben. Die Kripo Bochum bietet allen Opfern eine Hilfe an, sich eine Anzeige in aller Ruhe, sogar jahrelang, überlegen zu können - und trotzdem diese ganze Zeit lang die Tatspuren zu sichern.

Ein fiktiver Fall: Eine 41-jährige Geschäftsfrau aus Bochum wird von ihrem guten Bekannten, einem Unternehmer, in seiner Wohnung nach einem Abend mit reichlich Wein zum Geschlechtsverkehr genötigt. Ungeschützt. Weil sie sich handfest wehrt, zieht sie sich Verletzungen zu. Die Demütigung ist quälend. Aber auch der Gedanke: Wird ihr jemand das Verbrechen glauben? Die Polizei, der Staatsanwalt, der Richter, die Bekannten? Wahrheiten sind vor Gericht wenig oder nichts wert, wenn man sie nicht auch beweisen kann. Tut die Frau es nicht, werden die Beweise vernichtet.

Vielen Frau schrecken vor den ungewissen Folgen einer Anzeige zurück

Die meisten Frauen, weiß die Polizei, haben deshalb Angst vor einer Anzeige, zumal die Tat dann in einem öffentlichen Prozess verhandelt werden würde. Sie gehen deshalb lieber zu Beratungsstellen für Gewaltopfer. Weil das aber nicht die einzige Lösung sein kann, hat die Kripo die „anonyme Spurensicherung“ (ASS) eingeführt, um die Opfer vom Druck zu befreien.

Die Frauen können direkt nach der Tat zur gynäkologische Ambulanz eines Krankenhauses gehen, sich dort untersuchen lassen und Tatspuren wie Sperma, Verletzungen und anderes DNA sichern. Diese Beweismittel werden unter einer Chiffre-Nummer zur Rechtsmedizin in Essen gebracht und dort zehn Jahre eingefroren oder eingelagert. In dieser Zeit kann sich das Opfer genau überlegen, ob es doch noch Anzeige erstattet. Sollte jene 41-jährige Frau zum Beispiel erst neun Jahre nach der Vergewaltigung doch noch zur Polizei gehen, wären alle Spuren noch verfügbar.

Ohne Anzeige würde die Kripo gar nichts von der Tat erfahren. Die Beweise würden nach zehn Jahren vernichtet.

Das Angebot dieser Art Spurensicherung ist bisher kaum bekannt

Die „ASS“ gibt es in Bochum bereits seit 2007. Aber kaum jemand weiß davon. Wohl deshalb haben bisher auch nur weniger als zehn Frauen davon Gebrauch gemacht. Davon hat bisher nur eine Frau, aus Bochum, Anzeige erstattet. Über den Ausgang des Verfahrens konnte die Kripo nichts sagen.

Wie die Leiterin des zuständigen Bochumer Kommissariats 12, die 1. Kriminalhauptkommissarin Ulrike Leimanzik, der WAZ sagte, gebe es ASS auch in einigen anderen Städten. „Das fanden wir gut und interessant, das müssen wir auch in Bochum haben“, habe man 2007 gedacht.

In Bochum stehen das Augusta-, das Elisabeth- und das Knappschafts-Krankenhaus dafür bereit, in Herne das Marien- und das Evangelische Krankenhaus, in Witten das Marienhospital.

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