Bochum.. Opel schließt. Am 12. Dezember wird der letzte Zafira aus Bochum dem Verkauf übergeben. Es ist ein Abschied nach 52 Jahren. Auch für Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz. Sie nannte in den 1990er Jahren einen Manta in Metallic-Curry ihr Eigen. Besonders repräsentativ war der zwar nicht, aber er erfüllte seinen Zweck. Er fuhr.
Bochums erste Repräsentantin fährt natürlich Opel – oder besser gesagt, sie lässt sich fahren. Der Dienstwagen von Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz ist ein Insignia. Bochum fährt Blitz, das hat auch im Rathaus Tradition.
Überhaupt ist die mittlerweile zehnjährige Amtszeit der 66-Jährigen ständig begleitet und manchmal auch überschattet von den Ereignissen in den Werken des Autobauers in Laer und Langendreer. Gleich an ihrem ersten Arbeitstag als Oberbürgermeisterin verkündete Opel 2004, in Bochum Stellen streichen zu wollen. Und in Scholz’ Amtszeit fällt nun auch das Aus einer Marke, „die die Stadt geprägt hat“. Dazwischen ist „scheibchenweise“, wie sie sagt, vieles passiert. Einiges Positive, wie die Ankündigung, 650 Millionen Euro in Bochum investieren zu wollen. Vieles aber auch Negativs. Bis zum Aus. Wie viele Menschen das buchstäblich berührt, habe sie jüngst erst wieder bei einer Podiumsdiskussion erfahren, bei der auch Opelaner zu Gast waren.
Persönliche Geschichten
Darüber hinaus hat Ottilie Scholz aber noch eine eigene, ganz persönliche Opel-Geschichte. Die spielt in der Nachbarstadt Castrop-Rauxel. Und in dessen Zentrum steht ein Opel Manta, genauer gesagt ein „metallic-curryfarbener Manta, wenn ich mich recht entsinnen kann.“. Fast zehn Jahre lang ist sie den Wagen gefahren, dessen einschlägiger Ruf just in der Zeit begründet wurde, als sie sich ein Exemplar zulegte. „Ich bin vorher drei gebrauchte VW Käfer gefahren, die hatten jeweils etwa 1000 Mark gekostet.“ Für den gebrauchten Manta, ein deutlich sportlicheres Fahrzeug als der Käfer, habe sie 4000 DM an einen Tankstellenbesitzer in Köln bezahlt. Es war die Zeit kurz vor ihrem Dienstantritt in Castrop-Rauxel, wo sie in den 1990er Jahren als Kämmerin und Beigeordnete tätig war und mit ihrem Auto unweigerlich für Gesprächsstoff sorgte.
Repräsentativ war der Manta nun wirklich nicht – schon gar nicht in der außergewöhnlichen Farbe und erst Recht nicht vor dem Hintergrund des aufflammenden Manta-Fiebers in Tuner-Kreisen. „Damals kamen auch die Manta-Witze auf. Und ich habe mir einige davon anhören müssen.“ Einmal habe ihr der Ordnungsamtsleiter, ein passionierter Jäger, zum Geburtstag einen Fuchsschwanz geschenkt. „Der hat aber immer nur im Auto gelegen.“ Anbringen mochte sie das gute, vom Amtsleiter höchstpersönlich geschossene Stück, nicht. So weit kommt das noch.
Jahrelanger Begleiter
An der unverhohlenen Kritik, eine Beigeordnete könne doch nicht so ein Auto fahren, hat sie sich indes nie gestört. Das der Wagen nicht fein genug, nicht passend für eine Frau in solch einem Amt sei, „das war mir egal.“ Und als eine größere Reparatur anstand, „da hieß es schon, jetzt kommt er endlich weg. Aber ich bin ihn weiter gefahren“, sagt Scholz. Und irgendwie klingt noch immer ein kleines bisschen schelmischer Trotz aus ihren Worten.
Dabei war es nicht unbedingt eine Liebesbeziehung, die sie zu ihrem Manta hatte. „Autos sind für mich Gebrauchsgegenstände“, sagt sie. Opel hin oder her. Aber da sie der Manta trotz etlicher Macken, gelegentlich nahm er etwa ausgerechnet bei Fahrten auf der Autobahn kein Gas mehr an („Dann musste ich stehen bleiben und ein paar Minuten warten, eher er wieder richtig fuhr“), nie wirklich im Stich gelassen hatte, konnte er das tun, was sonst ein Käfer tat: laufen, laufen und nochmals laufen. „Er hat mich fast zehn Jahre begleitet.“
Erinnerungsfotos
Bis es irgendwann dann doch Schluss war. Gegen Ende der 90er Jahre brachte Scholz das bemerkenswerte Fahrzeug zu einem Schrauber. Der gab zwar nichts mehr dafür, nahm aber immerhin auch nichts. Ein gutes Geschäft für die Beigeordnete, die sich danach ihren ersten Neuwagen leistete. Keiner aus Bochum oder Rüsselsheim, sondern aus Wolfsburg. Aber da konnte sie auch noch nicht ahnen, dass sie später in einer Opel-Stadt arbeiten würde.
Heute ärgert Ottilie Scholz eigentlich nur eines. Irgendwo existieren noch Fotos mit ihr und dem außergewöhnlichen Auto. „Ich habe sie vor kurzem sogar noch in der Hand gehabt. Jetzt habe ich sie das gesamte Wochenende über gesucht, aber leider nicht gefunden.“ Schade eigentlich. Sie hätte uns die Fotos gerne gezeigt. Erstens weil sie damals ein paar Jahre jünger gewesen sei. Und zweitens vielleicht auch deshalb, um dem ungläubigen Staunen, dass sie einmal so einen Schlitten gefahren ist, noch ein bisschen Nahrung zu geben.