Bochum. Opel verlässt Bochum nach 52 Jahren, Ende 2014 wird das Fahrzeugwerk in Laer geschlossen. Die WAZ nimmt Abschied mit einer Reihe von Geschichten über ein Unternehmen, das die Stadt und ihre Menschen geprägt hat. So etwa Familie Lehmann aus Wiemelhausen. Vier Opel-Oldtimer nennt sie ihr Eigen.
Dass sich die Leute auf der Straße nach ihm umdrehen, ihren Nebenmann in die Seite knuffen und fragen „hast ‘de den gesehen?“, daran hat sich Jörg Lehmann längst gewöhnt. Und er weiß es einzuordnen. Meistens gucken sie nicht ihm, sondern den Autos hinterher, in denen er sitzt. Keine gewöhnlichen Autos, sondern eben Hingucker. Jörg Lehmann fährt Oldtimer. Opel-Oldtimer. Und er räumt ein: „Ich habe einen Spleen.“
Genau genommen hat die gesamte Familie diesen Spleen. Denn Jörg und Melanie Lehmann aus Wiemelhausen, die es gemeinsam auf die ansehnliche Sammlung aus Opel GT (Baujahr 1972), Opel Diplomat (1973; kleines Foto), Opel Rekord C Caravan (1970) und Opel Kadett B (1970) gebracht haben, geben ihre Leidenschaft für die Schmuckstücke mit dem Blitz am Kühlergrill an ihre beiden Kinder Marc und Marie weiter.
Als sie vor Jahren entschieden, – „umständehalber“ wie es so schön heißt – den weißen Rekord C Caravan zu verkaufen, war Sohn Marc darüber todunglücklich. Bloß gut, dass es ein Rückkaufrecht gab. Vor einigen Monaten wurde das Schmuckstück wieder in den Kreis der Lehmann-Autofamilie aufgenommen.
Schon der Vater fuhr Opel
„Erblich vorbelastet“ nennt Jörg Lehmann sich. Schon sein Vater fuhr früher Opel und pflanzte bei seinem Sohn jene Begeisterung ein, die bis heute besteht und die er mit seiner Ehefrau teilt. Ihr Herz hatte er 1998 endgültig gewonnen, als er ihr einen himmelblauen Kadett B schenkte.
Der Wagen, wie der GT ein echter Bochumer, schließlich wurde er einst im Werk I in Laer produziert, ist noch heute ein Brot-und-Butter-Fahrzeug, mit dem Lehmann am meisten unterwegs ist. „Mit 15 habe ich gedacht, mit 18 muss du eine eigene Wohnung, eine Borussia-Dauerkarte und einen Manta haben“, erzählt er. Dass er nur zwei der drei Träume verwirklicht hat und ausgerechnet aus dem Manta nichts geworden ist, kann der Elektriker, der im Schichtdienst in einem Kohlekraftwerk in Herne arbeitet, heute gut verknusen.
Rolls Royce ist Bochums ältestes Auto
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Der Kadett aus Bochum und der in Rüsselsheim gebaute Diplomat mit dem markanten 8-Zylinder-Chevy-Motor aus den USA sind seine persönlichen Favoriten. Überhaupt schätzt er die Individualität und Klasse der Opel von einst. „Zuverlässige Autos mit Charakter“, nennt der 46-jährige Elektriker sie. „Opel hat damals super Autos gebaut. Das waren tolle Modelle“. Heute würde er sich wieder einen Opel kaufen, wenn er ein neues Autos suchen würde. In den 90er Jahren habe das Unternehmen allerdings schwerwiegende Fehler gemacht, die kaum zu reparieren seien.
"Nicht gut für die gesamte Region"
Dass ausgerechnet Bochum nun Leidtragender dieser Entwicklung mit der Schließung des Werks ist, sei schade. „Das ist nicht gut für die gesamte Region. Und dass die Belegschaft so lange hingehalten wurde, finde ich auch nicht in Ordnung.“
Seiner Liebe für die Oldtimer mit dem Blitz tut das aber ebenso keinen Abbruch wie das Unverständnis einiger Leute: „Die können nicht begreifen, warum man vier Autos haben muss.“
Zumal sie alle, zumindest von Frühjahr bis Herbst, angemeldet sind. Mit ihnen habe die Familie schöne Erlebnisse gehabt, viele Menschen auf Oldtimer-Veranstaltungen oder beim Urlaub im 70er-Jahre-Hotel im Odenwald kennen gelernt. „Mit so einem Auto wird man oft angesprochen.“ Wie etwa von dem Ehepaar, das sich nur mal in den Kadett setzen wollte, um in Erinnerungen schwelgen zu können.“ Lehmann. „Wenn es gerade passt, kein Problem.“
Und entgegen landläufiger Meinung sei das Hobby günstiger als manche meinen. Für zwei Autos habe er einen Stellplatz, die beiden anderen könne er günstig unterstellen. Als Hobbyschrauber erledige er zudem viele Arbeiten selbst. Anders als früher liege er heute aber nicht mehr drei Wochen unter einem Auto, um es auf Vordermann zu bringen. Die Zeiten haben sich mit seinem Familienstand geändert. Nur die Liebe zu den markanten Modellen mit dem Blitz ist geblieben.
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