Bochum. Erstmals äußerte die Polizei am Sonntag den Verdacht, dass eine Brandstiftung die Ursache für das verheerende Feuer, das das Lokal Borgböhmers Waldesruh vollständig zerstörte, sein könnte. Den ganzen Tag über hatten Spezialisten in den Trümmern nach Spuren gesucht.
Gleich am Sonntagmorgen nahm ein unabhängiger Brandsachverständiger die Arbeit in den verkohlten Trümmern des Ausflugslokal auf. Die Polizei unterstützte die Arbeit des Spezialisten mit besonders geschulten Brandspürhunden. Die Tiere sind in der Lage, auch die kleinsten Spuren von Brandbeschleunigern - etwa Benzin oder andere leicht brennbare Flüssigkeiten - zu identifizieren. Offenbar haben sich bei der stundenlangen Suche in den Trümmern die Hinweise auf eine Brandstiftung verdichtet. Polizeisprecher Frank Plewka: „Bevor jedoch ein endgültiges Ergebnis der Untersuchungen bekannt gegeben wird, müssen erst alle Erkenntnisse zusammengetragen werden.“
Trotzdem ruft die Polizei jetzt die Bevölkerung auf, jeden Hinweis auf einen möglichen Brandstifter umgehend der Polizeibehörde Bochum, Tel. 0234/909-0 mitzuteilen. Insbesondere seien Beobachtungen interessant, die sich auf den Freitag (als es dort zum ersten Mal brannte) und den frühen Samstagmorgen beziehen. Die Ermittlungen, so der Stand vom Sonntagabend dauern derzeit noch an.
Wehren aus Bochum, Witten, Herne und Essen im Einsatz
Das traditionsreiche Ausflugs- und Esslokal „Borgböhmer’s Waldesruh“ in Bochum-Sundern war am Samstag bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Um 7.34 Uhr ging der erste von vielen Notrufen bei der Feuerwehr ein. Nur neun Minuten später traf der erste Löschzug der Berufsfeuerwehr ein.
Die Feuerwehr löste sofort Großalarm aus. Rund 90 Einsatzkräfte der Bochumer Berufsfeuerwehr, unterstützt von Feuerwehrleuten aus Witten, Herne und Essen, sowie der Freiwilligen Feuerwehr Bochum bekämpften unter schwierigen Bedingungen den Großbrand. Dabei setzten die Wehren bei ihrem massiven Löschangriff insgesamt acht Strahlrohre, einen Wasserwerfer und ein Wenderohr über eine Drehleiter ein.
Feuer hatte sich ungewöhnlich schnell ausgebreitet
Bis eine Wasserversorgung über Hydranten sicher gestellt war, deckten Tankfahrzeuge den enormen Wasserverbrauch. Doch trotz dieses Großaufgebotes konnten die Einsatzkräfte nicht verhindern, dass die beliebte Gaststätte mit ihrer mittlerweile über 120-jährigen Tradition völlig zerstört wurde. Feuerwehrchef Dirk Hagebölling verschaffte sich während der Löscharbeiten einen Überblick: "Es ist ungewöhnlich, wie schnell sich der Brand ausgebreitet hat." Er schätzt, dass sich die Nachlöscharbeiten noch bis zum Sonntag hinziehen. Es flackerten immer wieder kleinere Brandnester in den Trümmern auf.
Früh am Morgen stand eine mehrere hundert Meter hohe, dichte schwarze Rauchsäule über Sundern. Die Flammen waren bis zur anderen Ruhrseite gut zu sehen. Ein Streifenwagen der Polizei, der nur wenige Minuten nach dem ersten Löschfahrzeug vor Ort war, konnte nicht mehr bis zum Gebäude kommen, so dicht war der Rauch. Die Beamten sperrten die Blankensteiner Straße bereits an der Heinrich-König-Straße ab. Die Bogestra wurde informiert, da auch der Busverkehr umgeleitet werden musste. Im Bereich von Sundern und Weitmar beklagten sich etliche Anwohner über massive Geruchsbelästigungen. Doch vorsorgliche Messungen, so die Feuerwehr, haben eine Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung ausgeschlossen.
"Ich musste mit ansehen, wie das alte Schaukelpferd verbrannt ist."
Küchenmeister Gerd Borgböhmer, der gemeinsam mit seinem Bruder Heino das Restaurant führt, steht erschüttert vor den Trümmern des Anwesens. Das Familienwappen am Giebel des 1842 erbauten Stammhauses hing in Fetzen, ist vom Feuer völlig zerstört. Die Fenster sind zum Teil geschmolzen, zum Teil geborsten. Die 82-jährige Gerda Borgböhmer, die mit ihrem schwerkranken gleichaltrigen Mann Heinz nur wenige Meter von der Gaststätte lebt, rief ihren Sohn am Morgen an. Heinz und Gerda Borgböhmer hatten vor über 30 Jahren aus der kleinen Gastwirtschaft das jetzt zerstörte und so beliebte Restaurant geschaffen.
"Ich musste mit ansehen, wie das alte Schaukelpferd, das meine Eltern mal gekauft haben, verbrannt ist. Jetzt sind nur noch ein paar Eisenteile übrig." Er muss schlucken: "Wir haben doch so viele Stammgäste, manche feierten ihre Taufe, dann die Konfirmation und später die Hochzeit und sogar die Goldene Hochzeit bei uns", sagt der 52-Jährige.
Neben ihm steht der 57-jährige Oberkellner Delfried Schmidpeter. Er hatte am Freitagabend frei, war nicht im Dienst. Er ist genauso getroffen wie sein Chef. "Ich arbeite gerne hier." Mit ihm sind viele der insgesamt 25 Beschäftigten gekommen, um einfach nur da zu sein. Sie haben an diesem Samstag mehr als ihre Arbeit verloren.
Flammen an drei verschiedenen Stellen
Die Umstände, Dirk Hagebölling deutet es an, sind ungewöhnlich. Vor allem, wenn die Tatsache, dass es bereits am Freitag gegen 10 Uhr ein Feuer am Haus Waldesruh gab, herangezogen wird. Vergeblich versuchten die Mitarbeiter am Freitag brennende Pavillons, die im Winter in einem offenen Gang gelagert werden, zu löschen. Die Feuerwehr musste ausrücken, konnte da noch Schlimmeres verhindern. In diesem Fall wird von Brandstiftung ausgegangen.
Ob auch das verheerende Feuer vom Samstag auf einen Brandstifter zurückzuführen ist? Gerd Borgböhmer ist sich sicher. "Als ich kam, war an drei verschiedenen Stellen im Gebäude Feuer zu sehen. Wie ist das möglich?", fragt er. Feuerwehr und Polizei halten sich noch zurück, was Aussagen zur Ursache des Feuers angeht. Ein Sachverständiger wird bereits am Sonntag vor Ort erwartet, um in den Trümmern nach Spuren zu suchen.
Aus der Reihe der Schaulustigen fragt jemand Gerd Borgböhmer: "Du wirst das doch wieder aufbauen, oder?" Der zuckt nur die Schultern, der Schock sitzt noch zu tief.