Bochum.. Ende Oktober eröffnet das Musikforum: Anlass für eine WAZ-Serie. Im 1. Teil geht es um die Geschichte der Bochumer Symphoniker.

Am 20. Mai 1919 gab das „Städtische Orchester Bochum” sein erstes öffentliches Konzert. Es war der Beginn der langen Erfolgsgeschichte der Bochumer Symphoniker, die nun in die Eröffnung einer eigenen Spielstätte – dem Musikforum Ruhr – mündet. Dass die Anfänge der klassischen Musik in Bochum viel weiter zurückreichen als 1919, ist heute so gut wie vergessen. Tatsächlich war das hiesige Musikleben schon weit vor der Jahrhundertwende professionell aufgestellt.

1870 war eine städtische Kapelle ins Leben gerufen worden, die sogleich eine rege Musiziertätigkeit an den Tag legte. Sie bestand anfangs aus nicht mehr als 15 Musikern, wuchs aber bis Ende des 19. Jahrhunderts auf rund 30 Akteure an, wie der Heimatforscher Clemens Kreuzer recherchiert hat. „Der städtische Kapellmeister bekam nur einen kleinen Zuschuss und war für ,sein’ Orchester selbst verantwortlich“, weiß Kreuzer. Was bedeutete, dass die Kapelle Konzerte in Eigenregie organisierte, und dazu bestimmte städtische Pflichtaufgaben übernahm, etwa die Konzerte zu Ehren von „Kaisers Geburtstag“.

Diese erste Stadt-Kapelle hatte sich bis 1900 zu einem exquisiten Klangkörper entwickelt. Heinrich Hammer, der die Leitung 1898 übernommen hatte, war ein international erfahrener Orchester-Chef, der in Stockholm, Den Haag, Paris und Amsterdam tätig gewesen war, bevor er nach Bochum kam. Dass die Bürger/innen ihr mit großem Engagement und steigenden Leistungen auftretendes Orchester zunehmend wertschätzten, belegt der Besuch eines „Wohltätigkeits-Concert“ am 12. Dezember 1899 zugunsten einer Unterstützungskasse für die Bochumer Musiker: 700 Gäste erlebten die Aufführung mit, bei der unter anderem Beethovens Coriolan-Ouvertüre erklang.

Dass es schließlich zur Gründung eines festen städtischen Orchesters in Oberhoheit der Stadt kam, war Stadtrat Wilhelm Stumpf zu verdanken, der sich um das kulturelle Leben Bochums Anfang des 20. Jahrhunderts verdient gemacht hatte.

Die Gründung des Orchesters 1919 ist eng verbunden mit der Gründung eines festen Stadttheaters im selben Jahr – die aufstrebende Groß- und Industriestadt Bochum wollte auch auf dem kulturellen Sektor nicht länger hinter Essen, Duisburg und Wuppertal zurückstehen.

Bereits der erste künstlerische Leiter, der erst 28-jährige Kapellmeister Rudolf Schulz-Dornburg, verschaffte dem neuen Orchester mit einem avantgardistisch ausgerichteten Programm einen überregionalen Ruf. „Moderne“ Komponisten wie Paul Hindemith, Ernst Krenek und Erwin Schulhoff führten Anfang der 1920er Jahre eigene Werke auf. Kein Geringerer als der später weltberühmte Zwölfton-Komponist Anton Webern hatte sich um den Posten des Generalmusikdirektors in Bochum beworben.