An Rhein und Ruhr. Arbeitgeber aus der Region, die eine kürzere Arbeitswoche anbieten, berichten von guten Erfahrungen. Wie in den Betrieben gearbeitet wird.

Handwerksbetriebe, Steuerberater und Möbelhäuser – verschiedene Arbeitgeber aus der Region haben bereits die Vier-Tage-Woche eingeführt. Für die Umsetzung gibt es dabei verschiedene Modelle und Konzepte. Eine am Freitag vorgestellte Studie der Uni Münster zeigte zudem eine erhöhte Produktivität bei Beschäftigten mit einem freien Tag mehr. Doch wie gut funktioniert die Vier-Tage-Woche an Rhein und Ruhr? Wir haben nachgefragt.

Flexible Arbeitszeiten in Tischlerei: Mitarbeiter haben freitags frei

„Vom Fachkräftemangel im Handwerk merken wir nichts. Wenn wir eine Stelle ausschreiben, rennen die uns die Bude ein“, erzählt Birger Schneider, der mit seinem Geschäftspartner Norman Kamp das Tischlerei- und Innenarchitektur-Studio „Kontur“ in Düsseldorf betreibt. Seit einem Jahr bieten sie ihren Mitarbeitern die Vier-Tage-Woche an. Neue Mitarbeiter zu finden, sei dank dieses Modells sehr viel einfacher für den Betrieb, wie Schneider sagt.

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„Die Kunden merken davon nichts, aber die Mitarbeiter sind begeistert.“ Freitag sei der übliche freie Tag für die Beschäftigten. „Wir Geschäftsführer machen dann meistens Büroarbeit. Aber wir handhaben das nicht streng. Die Mitarbeiter können, wenn sie zum Beispiel ein Projekt fertigstellen wollen, freitags arbeiten und dann haben sie einen anderen freien Tag“, sagt der Geschäftsführer. Bald wolle man testen, ob einige Mitarbeiter den Montag als üblichen freien Tag wollen. „Es gibt gerade noch verschiedene Verträge mit vier Mal acht oder vier Mal zehn Stunden. Bei den nächsten Einstellungen wollen wir da aber einen Standard einführen.“

Möbelhauskette will Beschäftigte mit Vier-Tage-Woche binden

Seit mehreren Jahren bietet die Möbelhauskette „XXXLutz“ bereits in einigen Bereichen eine Vier-Tage-Woche an. In der Region betreibt das Unternehmen unter anderem Standorte in Duisburg und Essen. Ein Sprecher berichtet der NRZ gegenüber von einem fest etablierten Arbeitszeitmodell. „Im Bereich des Möbelhandels dürften wir nach wie vor die Vorreiterrolle besetzen, zumindest ist uns kein weiteres Unternehmen aus unserer Branche bekannt, dass so frühzeitig wie wir agiert hat“, so der Sprecher.

Dabei setze man auf Individualität, feste Regeln gebe es nicht. Im Handel setze man die Mitarbeiter in der Regel an frequenzstarken Tagen ein, also Freitag und Samstag. „Freie Tage werden eher zu Beginn oder in der Mitte der Woche angeboten. Viel entscheidender als die Festlegung der Tage ist jedoch eine mittelfristige Planbarkeit“, erklärt der XXXLutz-Sprecher weiter. Angeboten werde die Vier-Tage-Woche besonders in Bereichen, wie dem Möbelverkauf oder der Montage. Dort werde sie überdurchschnittlich genutzt. Mit dem Modell wolle man als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden und Mitarbeiter binden.

„Wir wissen, dass Freizeit einen höheren Stellenwert einnimmt. Hinzu kommt der immer wieder geäußerte Wunsch nach mehr Flexibilität in der Arbeitswoche“, betont der Sprecher und ergänzt: „Vor allem Bewerber, die ihre Leistung einzuschätzen wissen und oft über eine überdurchschnittliche Leistungsfähigkeit verfügen sowie um ihre besondere Expertise wissen, nutzen dieses Modell vermehrt. Wenn wir solche Kräfte und deren Expertise für uns gewinnen wollen, müssen wir als Arbeitgeber mit entsprechenden Modellen aufwarten.“

32 Stunden bei vollem Lohnausgleich

Vier normale Arbeitstage à acht Stunden, drei Tage Wochenende – und das bei voller Bezahlung. Was schon fast zu schön klingt, um wahr zu sein, ist bei Steuerberater Andreas Schollmeier und seinen Mitarbeitern inzwischen zur Gewohnheit geworden. Schon seit mehreren Jahren arbeite der Großteil des Teams von Montag bis Donnerstag.

„Zunächst haben wir die Wochenarbeitszeit von 40 Stunden auf 36 Stunden reduziert“, erzählt der Moerser Steuerberater im Gespräch mit der NRZ. „Das waren bei vier Arbeitstagen dann neun Stunden pro Tag. Doch wir haben mit der Zeit gemerkt, dass die Produktivität nach der achten Stunde deutlich nachlässt.“ Also wurde die wöchentliche Stundenzahl nochmals um 4 Stunden reduziert, Einbußen beim Gehalt gab es für die Arbeitnehmer aber nicht.

Andreas Schollmeier.

„Wir haben mit der Zeit gemerkt, dass die Produktivität nach der achten Stunde deutlich nachlässt“

Andreas Schollmeier

Damit im Unternehmen trotzdem alles rund läuft, wurden interne Prozesse umstrukturiert und vieles digitalisiert. „Dadurch konnten wir unsere Produktivität nochmal steigern, es gibt also keinen wirtschaftlichen Nachteil“, ist Schollmeier überzeugt. Kunden würden über das Arbeitsmodell informiert und hätten in der Regel auch kein Problem damit. Und die Mitarbeiter? „Die sind sehr zufrieden, wir haben kaum Abgänge und erhalten oft Initiativbewerbungen. Wir haben kürzlich innerhalb von vier Wochen drei neue Mitarbeiter einstellen können.“

Handwerker im Home-Office?

Bei der Wohnungsgesellschaft Ruhrgebiet (WoGe) in Dinslaken können sogar Auszubildende nach vier Tagen Arbeit Zuhause bleiben. „Freitags sind unsere Azubis von der körperlichen Arbeit freigestellt, dürfen Zuhause bleiben und sollen sich dort weiterbilden“, erklärt Geschäftsführer Volker Dittdich. Also quasi ein Home-Office-Tag für Handwerker.

Wer ausgelernt ist, hat verschiedene Möglichkeiten. „Unsere Mitarbeiter können frei und flexibel entscheiden, ob sie 36, 37, 38, 39 oder 40 Stunden pro Woche arbeiten möchten.“ Das Gehalt werde den Stunden entsprechend angepasst, weshalb die meisten bei 40 Wochenstunden bleiben würden. Wer aber nur 36 Stunden arbeitet, dürfe das auch an vier Tagen erledigen und sich so ein langes Wochenende freiräumen.

Um den finanziellen Verlust etwas zu mildern, zahlt der Arbeitgeber in Dinslaken diesen Mitarbeitern monatlich 100 Euro zusätzlich zum Gehalt. Besonders von neuen Mitarbeitern werde das gerne in Anspruch genommen. Langjährige verzichten lieber auf den freien Tag und arbeiten weiterhin 40 Stunden.